Seit 1942 Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig | Patrozinium: ursprünglich Matthäus, um 1300 Petrus, später: Paulus | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Baddeckenstedt wird 1109 als Batikansteten in einem von Kg. Heinrich V. bestätigten Gütertausch erstmals urkundlich erwähnt.1 Ein Ministerialengeschlecht von Baddeckenstedt ist seit dem frühen 13. Jh. belegt. Den Zehnten verlieh Bf. Konrad von Hildesheim 1241 dem Kloster Neuwerk2, das 1257 von den Gf. von Wohldenberg auch drei Hufen zu Baddeckenstedt erwarb. 1275 kam weiterer Besitz der Gf. von Wohldenberg durch Kauf an die Bf. von Hildesheim. Bf. Siegfried verpfändete die Vogtei 1281 an den Ritter Willekin von Gustedt, der sie seinerseits 1300 den Gf. von Wohldenberg übertrug. Mit deren Erlöschen kam Baddeckenstedt unmittelbar unter stiftshildesheimische Herrschaft (Amt Wohldenberg), im Quedlinburger Rezess 1523 an Braunschweig-Wolfenbüttel, 1643 zurück an das Hochstift Hildesheim.

Kanzelaltar, um 1948

Kanzelaltar, um 1948

Eine Kapelle zu Baddeckenstedt gehörte nach einem Güterverzeichnis vom Ende des 12. Jh. dem Domstift St. Simonis et Judae in Goslar. Als Gründungsjahr gilt 1095.3 Vor 1300 wurde sie mit Pfarrechten ausgestattet.4 Die Gf. Konrad und Johann von Wohldenberg übertrugen der Kirche zu Baddeckenstedt 1300 die Vogtei über drei Hufen und drei Höfe zu Rehne, die der Ritter Willekin von Gustedt der Kirche verkauft und den Gf. als seinen Lehnsherren aufgelassen hatte.
Wohl um 1300 wurde auch der dem Apostel Petrus geweihte Kirchenbau neu errichtet. Erster Pfarrherr soll um 1095 Johannes Helmar gewesen sein. Belegt ist die Angabe aber nur durch eine bei Arbeiten im Chorraum 1719 aufgefundene Nachricht. Weitere vorref. Geistliche waren die plebanus Hartung (urkundlich 1317 bis um 1359, 1356 nicht mehr im Amt) und Johannes Gossmann 1369/73 (Jane Gasemanne, pernere to Baddekenstede).5 Die Reformation wurde 1542 nach Vertreibung Heinrichs des Jüngeren durch die Truppen des Schmalkaldischen Bundes eingeführt. Nach Rückkehr des Hzg. vorübergehend rekatholisiert, setzte sich das luth. Bekenntnis nach der Regierungsübernahme Hzg. Julius 1568 endgültig durch. 1542/44 war Jacobus Richardes Inhaber der Pfarrstelle. 1568 wird Johannes Reichards (vielleicht derselbe, jedenfalls ein Verwandter) als mercenarius genannt. Inhaber der Pfründe war Johann Lichtenberg, Amtmann zu Wohldenberg und Kanonikus am Moritzstift vor Hildesheim.6
1570 wurde Baddeckenstedt Sitz der Spezial-Suptur. für das Amt Wohldenberg und die zugehörigen Junkerdörfer, die ursprünglich nach Holle bzw. Nette hätte gehen sollen. Zur Aufbesserung des Pfarreinkommens wurde der Sup. zu Baddeckenstedt am 2. März 1570 auch mit der Pfarre zu Binder belehnt. Bis 1624 versahen die Pfarrer von Baddeckenstedt zudem das Filial Oelber am weißen Wege; Baddeckenstedt wurde ab etwa 1628 von Groß Heere aus verwaltet. 1645 bis 1656 mit Groß Elbe, 1666 bis 1692 mit Binder 1692 bis 1709 wieder mit Groß Elbe und 1709 bis 1711 mit Holle verbunden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Baddeckenstedt zweimal (um 1625, um 1635) niedergebrannt und dabei die Kirche wenigstens beschädigt, das Pfarrhaus zerstört. Letzteres erst nach 1656 unter P. Melchior Schaper wieder aufgebaut, die Kirche 1666 instandgesetzt. Seit Ende des 16. Jh. ist eine Schule in Baddeckenstedt belegt. Das Schulgebäude brannte 1753 ebenfalls nieder. Neubauten 1855, 1886 (war 1984 noch vorhanden und als Wohnhaus genutzt) und 1953.
Wegen der räumlichen Nähe wurde Baddeckenstedt 1730 erneut mater combinata von Binder. Nach dem Ableben des P. Keller (1782) gelang es P. Otto Heinrich Nathanael Volger (amt. 1781–1833) in Groß Heere und P. Heinrich Leonhardt Winnecke (amt. 1759–1795) in Wartjenstedt, die beiden vakanten Pfarrstellen für sich zu reklamieren, so dass Baddeckenstedt mit Groß Heere und Binder mit Wartjenstedt verbunden wurde. Die Verschlechterung der seelsorgerlichen Betreuung, unregelmäßige GD und andere Beeinträchtigungen des kirchlichen Lebens führten 1817 zu Beschwerden und der Forderung nach einer Lösung der Verbindung7, zumal in Baddeckenstedt ein gut erhaltenes Pfarrhaus vorhanden und die Pfarrstelle für den Unterhalt einer Pfarrfamilie ausreichend dotiert war. Vollzogen wurde die Trennung indessen erst 1833.
1942 wurde Baddeckenstedt aus der hannoverschen in die braunschweigische Landeskirche umgegliedert.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Ringelheim der Diözese Hildesheim. – Kam mit der Neuorganisation der kirchlichen Aufsichtsbezirke um 1544 an die Insp. Bockenem und war etwa 1570 bis 1642 (ohne 1626–1631) Sitz der Spezial-Suptur. unter der GSuptur. Bockenem. Später wieder Insp. Bockenem (mit Sitz 1794–1817 in Nette, 1817–1832 in Sehlde). 1834 zur neu errichteten Insp. (1924: KK) Sehlde.8 1. Oktober 1942 in die Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig umgegliedert (Propstei Goslar).9

Patronat

Ursprünglich der Propst des Domstifts in Goslar. Bei der schmalkaldischen Visitation von 1544 wohl fälschlich dem Landesherrn zugeschrieben.10 Spätestens mit der Reformation der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau

Verputzter Saalbau mit gestrecktem Rechteckchor; die Ostwand vom gotischen Bau übernommen. 1719 Neugestaltung des Chorraums, u. a. Deckengemälde mit Himmelfahrt Christi in Stuckumrahmung. Gequaderter unverputzter Westabschluss. Innen durch eine u-förmige Empore.

Turm

Dachreiterartiger verschieferter Turm, nach Einsturz 1842 wieder aufgebaut. Achtseitige Sitze.

Ausstattung

Geschnitzter Kanzelaltar (1719, 1951 restauriert – Taufengel (1719, verschollen).

Orgel

Die erste nachweisbare Orgel (Positiv) wurde 1719 aus Gronau übernommen. 1862 Neubau durch den Orgelbaumeister Heinrich Schaper (Hildesheim), 12 II/P, eingeweiht 21. Dezember 1862. 1885 Erweiterung auf 13 II/P. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen. 1930 Instandsetzung durch Firma Lothar Wetzel (Hannover): Einbau eines elektrischen Gebläses und Erneuerung der Prospektpfeifen. 1959 Instandsetzung und Änderung der Disposition durch Hans-Heinz Blöß (Oker), 12 II/P. 1975 Instandsetzung und Änderung der Disposition durch Firma Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 13 II/P.

Geläut

Zwei LG, I: gis’ (Bronze, Gj. 1893, Firma J. J. Radler & Söhne, Hildesheim); II: h’ (Gj. 1958, Firma Weule, Bockenem). – Früherer Bestand: Das Verzeichnis „Was von Anno [15]42 biß wider Anno 47 von Sachsen und Hessen an Klocken ist genohmen worden“ nennt eine Glocke aus Baddeckenstedt.11 Eine LG in as’ war 1862 durch Johann Jacob Radler (Hildesheim) aus einer älteren gesprungenen Glocke umgegossen worden.

Friedhof

In Trägerschaft der KG. Ursprünglich auf dem Kirchhof. Neuanlage 1878 im Westen vor dem Ort in der Gemarkung „Auf der Meilerstelle“ (Kirchstraße). FKap.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1542–1544 Jakob Richardes. – 1568 Johann Richarts (Reichards), senex, wohl derselbe wie der Vorige. – 15..–15.. Magister Johannes Gryphenhagen. – 1569–1589 Joachim Aue. – 1589–1607 Magister Konrad Meder (Medechinus). – 1607–16.. Heinrich Scheele. – 1620 (oder früher)–16.. David Windanus (Wintan). – 1634–1642 Magister Georg Northen (Norden). 1645–1656 mit Groß Elbe verbunden (Johannes Köler). – 1656–1692 Melchior Schaper. – 1692–1709 mit Groß Elbe verbunden (Johann Heinrich Köler). – 1709–1711 mit Holle verbunden (Ludolf Heinrich Hagemann). – 1711–1717 Johann Heinrich Ahlers. – 1717–1730 Johann Konrad Sostmann. – 1730–1749 Joachim Heinrich Brunstein. – 1749–1772 Ludolf Georg Busmahn. – 1772–1782 Johann Heinrich Keller. – 1782–1833 mit Groß Heere verbunden (Otto Heinrich Nathanael Volger). – 1833–1866 Johann Heinrich Friedrich Schwenke. – 1866–1868 Julius Heinrich Wilhelm Dreyer. – 1868–1888 Heinrich Friedrich Ernst Wegener. – 1889–1896 Karl David Theodor Behrens. – 1897–1914 Otto Heinrich Vordemann. – 1915–1917 Georg August Wilhelm Lauenstein. – 1919–1905 Heinrich Johannes Ahlert. – 1925–1942 Georg Ludwig Johannes Albert Mirow.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 46 (mit Ergänzungen)

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 397–400 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 372–378 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 88Digitalisat, 89Digitalisat, 90Digitalisat, 91Digitalisat, 92Digitalisat (Visitationen).

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 178; Pape, Schaper, S. 137–139.

B: Heersum. 970 Jahre. 1022–1992. Die Geschichte einer Ortschaft und Ihrer Einwohner. Festschrift zum 970 jährigen Jubiläum der ersten Nennung des Dorfes Heersum in einer Urkunde der Michaeliskirche zu Hildesheim, hrsg. vom Ortsrat Heersum, Harsum 1992; Wilfried Bartels: Chronik von Baddeckenstedt, [Baddeckenstedt 1984].


Fußnoten

  1. UB Goslar I, Nr. 155.
  2. UB Goslar I, Nr. 581.
  3. Lüntzel, Ältere Diöcese Hildesheim, S. 247.
  4. UB Goslar II, Nr. 600. Vgl. auch Casemir, Ortsnamen Lkr. Wolfenbüttel, S. 78.
  5. Schwarz, Papsturkunden, Nr. 1009.
  6. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 195; Spanuth, Quellen, S. 283.
  7. LkAH, A 1, Nr. 397.
  8. LkAH, A 6, Nr. 7514.
  9. KABl. 1943, S. 2.
  10. Reller, Kirchenverfassung, S. 162.
  11. Zit. in Heersum, S. 83.