Frühere Gemeinde | KapG der KG Ilten | Sprengel Hannover, KK Burgdorf | Patrozinium: – | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Die älteste schriftliche Erwähnung des Ortes findet sich im Bürgerbuch Hannovers, in dem für das Jahr 1309 Johannes de Hovederen eingetragen ist.1 Das Dorf Höver gehörte zur Großen Grafschaft (später das Große Freie), die als Lehen der Bf. von Hildesheim im Besitz der Grafen von Roden war, welche sie Mitte des 13. Jh. an die Welfen verkauften. In der Folgezeit kam es wiederholt zu Konflikten zwischen den Hildesheimer Bf. und den welfischen Hzg. Letztere erkannten schließlich die bischöfliche Lehnshoheit an, es war ihnen jedoch auch gelungen, ihre eigene Position zu stärken. 1512 fiel das Große Freie an das welfische Teilfsm. Lüneburg. Mit dem Ende der Hildesheimer Stiftsfehde (1519–1523) schwand der hildesheimische Einfluss völlig und die Welfenhzg. konnten ihre Landesherrschaft über die Dörfer des Großen Freien langfristig festigen. Seit 1667 wird das Große Freie als Amtsvogtei Ilten des Fsm. Lüneburg bezeichnet.2 Von 1810 bis 1813 war Höver Teil des Kantons Ilten im Distrikt Hannover des Departements Aller im Kgr. Westphalen. Danach gehörte das Dorf wieder zur Amtsvogtei (1852: Amt) Ilten, nun im Kgr. Hannover. 1859 ging das Amt Ilten im Amt Burgdorf auf und mit der Annexion Hannovers wurde Höver 1866 preußisch. Der Ort kam 1885 zum neuen Lkr. Burgdorf und wurde 1974 nach Sehnde im Lkr. Hannover eingemeindet (1997: Stadt Sehnde, 2001: Region Hannover). Höver hatte 1810 gut 230 Einwohner und 1905 gut 360. Ein stärkeres Wachstum und den Wandel vom Bauerndorf zur Industriegemeinde brachte die 1908 eröffnete Zementfabrik Alemannia (heute Werk Höver der Holcim-Gruppe): 1940 zählte der Ort gut 600 Einwohner, nach dem Zweiten Weltkrieg gut 1.000 und 2016 knapp 2.000.3

Kapelle, Ansicht von Südosten

Kapelle, Ansicht von Südosten

Kirchlich gehörte Höver bereits im Mittelalter zum Kirchspiel Ilten, zeitweise vielleicht auch zu Kirchrode (Hannover-Kirchrode).4 Das Lüneburgische Pfründenregister von 1534 listet die Capelle to Hoverde5 bei Ilten auf, im Protokoll der Generalvisitation von 1543 sind beim Iltener Pfarrer Einkünfte aus Höver aufgeführt.6 Über der spitzbogigen Eingangstür der kleinen Kapelle ist die Jahreszahl 1494 eingemeißelt (MCCCCXCIIII) und verweist wahrscheinlich auf das Baujahr des Gebäudes. Möglicherweis war die Kapelle der hl. Margarete gewidmet.7 Ein Jahrzehnt nach Ende des Dreißigjährigen Krieges schaffte die Gemeinde 1658 ein Altarretabel und eine Kanzel an. Von etwa 1830 bis 1972 besaß die Kapelle eine hölzerne Altarwand mit Kanzel, davor stand der mittelalterliche gemauerte Altar mir Sandsteinplatte. Im Jahr 1971 hatte das Landeskirchenamt die Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle in der KG Ilten verfügt, die ihren Sitz in Höver erhielt.8 Der neue Pfarrer überzeugte die Gemeinde von einer Neugestaltung der Kapelle: Altar und Altarwand mussten bei der Renovierung 1972/73 weichen, um Platz zu gewinnen. Den Kanzelaltar verkaufte die KapG an die KG Meyenburg.9 Die Kapelle erhielt eine schlichten Altartisch, ein modernes Kruzifix und drei neue, farbig gestaltete Chorfenster. Pläne für den Bau eines Pfarrhauses im Ort konnten nicht verwirklicht werden, aber 1983 feierte die KapG die Einweihung des neuen Gemeindehauses, das zu einem großen Teil in Eigenleistung errichtet worden war. Auch der Verein Kinderinsel e. V. nutzt das Gemeindehaus. Zum 1. Februar 2012 löste sich die KapG Höver auf, Rechtsnachfolgerin ist die KG Ilten.10

Umfang

Das Dorf Höver.

Kirchenbau
Kapelle, Ansicht von Südwesten, 1896

Kapelle, Ansicht von Südwesten, 1896

Kleiner Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss, Bruchsteinmauerwerk, Satteldach im Osten abgewalmt, laut Bauinschrift (MCCCCXCIIII) 1494 erbaut; am Chor drei spitzbogige Fenster (das mittlere 1856(?)–1913 vermauert), an den Seiten je ein flachbogiges Fenster (1831/32); spitzbogige Tür mit Bauinschrift an Südseite; Mauerwerk 1856–1913 verputzt, seitdem steinsichtig. Im Innern gerade Balkendecke und Westempore. 1972/73 Renovierung (Altarwand mit Kanzel von 1830, gemauerter Altar mit Steinmensa sowie Gestühl entfernt); 2003 Innenrenovierung.

Turm

Westlicher, verschieferter Dachreiter mit kupfergedecktem Zeltdach. Kupferdeckung erstmals 1657 nachweisbar11; 1744 Erneuerung und 1810 Neubau des Dachreiters (Steinplattenverkleidung, Schieferdeckung); 1933 Sanierung (Verschieferung, Kupferdeckung). 1660 Sonnenuhr am Turm. 1728 mechanische Turmuhr angeschafft (Meister Rennsing, Burgdorf), 1869 neues Uhrwerk (J. F. Weule, Bockenem), 1973 neue Uhr mit elektrischem Gewichtsaufzug (J. F. Weule, Bockenem).

Ausstattung

Schlichter Altartisch. – Dreiteiliges Tafelbild: Geburt, Kreuzigung und Auferstehung (1658, möglicherweise ehemals Teil einer Emporenbrüstung oder eines Altarretabels, 1973 restauriert). – Zwei Gemälde von Heinrich Plühr aus Höver (1859–1953): Christi Geburt und Christuskopf (oder Germanenkopf, Selbstporträt). – Bemalte Bleiglasfenster im Chorraum, wobei das mittlere gleichzeitig als Altarbild dient (1973/74, Siegfried Steege, Schwarmstedt).

Orgel

1858 Harmonium angeschafft (aus Paris). 1888 neues Harmonium gekauft (Friedrich Helmholz, Hannover). 1972 elektrische Orgel, II/P. 1994 neue Orgel, gestiftet von Firma Nordcement AG.12

Geläut

Eine LG g’’ (Bronze, Gj. 15. Jh.).13 Eine SG d’’’ (Bronze, Gj. 1869).

Weitere kirchliche Gebäude

Gemeindehaus (Bj. 1982/83, eingeschossiger Bau mit flachem Satteldach, Anbau 2012).

Friedhof

Kirchlicher Friedhof in Ilten.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 6139–6172 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 4137–4145 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 1198–1199 (Visitationen); D 52 (EphA Burgdorf); S 11a Nr. 7512 (Findbuch PfA Ilten).

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 740 (fehlerhaft); Krumm, Denkmaltopographie Region Hannover, S. 428 f.; Meyer/Rose, Große Freie; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 219 f.; Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 46.

B: Ulrich Drews: 500 Jahre Kapelle Höver 1494 bis 1994, Höver 1994; Jörn Feustel: Chronik Höver. Vom Bauerndorf zum Industriestandort, [Sehnde] 2012, bes. S. 137–148; Kurt Fenske: Aus der Geschichte Hövers, in: Unser Kreis. Heimatblätter für den Kreis Burgdorf 7 (1955), Nr. 14 und 15; Kurt Fenske: Aus der Geschichte der Kapelle Höver, in: Unser Kreis. Heimatblätter für den Kreis Burgdorf 9 (1957), Nr. 12; Kurt Fenske: Reparaturen an der Kapelle zu Höver in der Zeit von 1744 bis 1838, in: Unser Kreis. Heimatblätter für den Kreis Burgdorf 19 (1967), Nr. 22; Ludwig Meyer: Familienbuch Ilten. Mit den Ortschaften Ahlten, Bilm und Höver, 2 Bde, Hannover 2010.

GND

1160487065, Kapelle Höver (Höver, Sehnde)


Fußnoten

  1. Leonhardt, Bürgerbuch, S. 7; Feustel, S. 41 ff.
  2. Werner, Register Amtsvogtei Ilten, S. 1.
  3. Feustel, S. 305.
  4. Feustel, S. 137.
  5. Salfeld, Pfründenregister, S. 102.
  6. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 485 f.
  7. Feustel, S. 138.
  8. KABl. 1971, S. 228.
  9. Drews, S. 19 f.: „Altarblock und Platte konnten nicht wieder verwendet werden und wurden daher an Ort und Stelle zerschlagen.“
  10. KABl. 2012, S. 63.
  11. Drews, S. 9 f.
  12. Drews, S. 40.
  13. Wolff, KD Kr. Burgdorf und Fallingbostel, S. 46.