KapG der KG Liebenau | Sprengel Hannover, KK Nienburg | Patrozinium: – | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist der Ort erstmals 1218 als Wellege nachgewiesen, als Bf. Konrad I. von Minden (amt. 1209–1236) dem Kloster Nendorf den dortigen Zehnten schenkte.1 1229 ist die heutige Namensform Wellie belegt.2 1238 erhielt das Kloster Nendorf auch unam curtem in Wellie (einen Haupthof in Wellie).3 Wellie gehörte 1375 zur Vogtei Steyerberg, 1530 zum Amt Stolzenau der Gft. Hoya.4 Als die Gf. von Hoya 1582 in männlicher Linie ausstarben, fiel ihr Besitz an das welfische Hzm. Braunschweig-Lüneburg (größtenteils an das Fsm. Calenberg-Göttingen, seit 1692 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. „Kurhannover“).5 In französischer Zeit gehörte Wellie 1810 zunächst kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und war dann bis 1813/14 Teil des Kantons Liebenau im Arrondissement Nienburg des Departements Wesermündung im Kaiserreich Frankreich. Danach zählte Wellie, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Stolzenau. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Wellie 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung kam der Ort zum Kr. Stolzenau, der 1932 im Kr. Nienburg/Weser aufging. 1974 wurde Wellie nach Steyerberg eingemeindet. Um 1810 lebten gut 210 Menschen in Wellie, 1905 knapp 340, 1950 fast 700 und 2021 etwa 520.
Das Gründungsjahr der Kapelle in Wellie ist nicht bekannt. Das heutige Kapellengebäude geht zurück auf einen Fachwerkbau, den laut Balkeninschrift Gf. Otto VIII. von Hoya im Jahr 1575 erbauen ließ. Angeblich existierte vorher eine steinerne Kapelle, die abgebrochen wurde, um das Material beim Ausbau des Stolzenauer Schlosses (um 1530/40) verwenden zu können.6 Schriftlich ist die Kapelle 1674 und 1695 belegt. Der Liebenauer Pastor sollte hier einmal im Monat Katechismuslehre halten und einmal im Jahr predigen.7 Den Predigtgottesdienst feiert die Gemeinde traditionell um Michaelis (29. September) als Erntedankgottesdienst und Wellier Kirmes (Kirchweihfest). Bis 1833 fand gleichzeitig ein Markt statt.8
Schulunterricht lässt sich in Wellie ab 1750 belegen; 1793 errichtete die Gemeinde nördlich neben der Kapelle ein Schulhaus.9 Im Jahr 1841 bat die Gemeinde das Konsistorium in Hannover um Erlaubnis, einen eigenen Friedhof in Wellie anlegen zu dürfen. Der Weg nach Liebenau sei weit und der dortige Kirchhof zudem überfüllt. Nach einer zweiten Bittschrift an das königliche Ministerium konnte der Wellier Friedhof eingerichtet werden, die erste Beerdigung fand 1846 statt. Bis Mitte des 20. Jh. blieb der Gottesdienstrhythmus unverändert: ein Nachmittagsgottesdienst alle vier Wochen und ein Vormittagsgottesdienst Ende September bzw. Anfang Oktober.10 1949 und 1964 fanden in Wellie monatlich ein Hauptgottesdienst statt, 1979 alle zwei Monate.11 Im Jahr 1997 konfirmierte die Liebenauer Pastorin die Wellier Konfirmanden erstmals in der Kapelle.12

Kapellenbau

Kleiner Rechteckbau, als Fachwerkbau errichtet 1575. Satteldach. Zwei flachbogige Sprossenfenster nach Süden, zwei flachbogige Sprossenfenster nach Westen; flachbogige Portal nach Süden. Im Innern Balkendecke, an den östlichen Querbalken Inschrift: „Otto, Grave thor Hoie vndt Broickhvsen heft desse Kercke bvwen laten anno christi 1575. Rich. Lorlebarch, Joist Piel, Severin Schotteler do Amtlude thor Stoltenawe, Johann Meier Burmeister, Hinrich Hillemann, Helmerich Honebeen Olderlvde O H H S gebvwe“. 1850 Fachwerk der Westwand durch Backsteinmauerwerk ersetzt.13 1876 Fachwerk der Nordwand durch Backsteinmauerwerk ersetzt. 1901 Fachwerk der Ost- und Südseite durch Backsteinmauerwerk ersetzt. 1939 Ostfenster vermauert. 1997–2000 Innen- und Außenrenovierung.

Fenster

Bis 1939 zwei figürliche Buntglasfenster in Ostwand (Isaaks Opferung sowie Jona und der Wal).14

Turm

Vor dem Westgiebel kleiner, vierseitiger Turm mit vierseitigem, verschiefertem Pyramidenhelm, bekrönt mit Schlagglocke und Wetterfahne, erbaut 1811 (von der politischen Gemeinde) als Ersatz für einen 1744 erbauten Turm.15 Backsteinmauerwerk, Glockengeschoss Fachwerk mit Schieferbehang, hochrechteckige Schallöffnungen nach Norden und Süden, darüber Uhrziffernblätter. Um 1850 Turm baufällig und erneuert. 1906 Turmuhr angeschafft. Turm bis 1974 Eigentum der Kommune, dann der KapG übertragen, gleichzeitig Zahlung einer Ablösesumme.

Ausstattung

Schlichter Blockaltar (20. Jh.), hölzernes Kreuz als Retabel. – Leicht erhöhte Kanzel mit hölzernem, polygonalem Kanzelkorb (erste Hälfte 17. Jh.). – Pfarrersitz neben der Kanzel (17./18. Jh.). – Gedenktafeln in Turmhalle: „Denkmal des Friedensfestes am 24. Juli 1814“, „Zum Friedensfeste am 6. December 1871“, „Zum Andenken an die Veteranen“ und „Zum Andenken an die Gefallenen im Weltkriege 1914–1918“.16

Orgel

Zunächst Harmonium. Orgelneubau 1964, ausgeführt von Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen; ein viertes Register vakant. Einbau des fehlenden Registers seit 1979 wiederholt geplant.

Geläut

Eine LG, fisʼʼ (Bronze, Gj. 1645, vielleicht Gießer aus Lothringen), Inschrift: „Verbum Domini manet in aeternum. Anno 1645 hat die Dorfschaft Welge dise Clocke gissen lassen da Pastor gewesen M[agister] Henricvs Ritbergen. Baurmeister Iohan Hillemann, Altarleute Dornemann, Dirich Siedenberg“ (Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit). Eine SG (Bronze, Gj. um 1900, vielleicht Firma Korfhage, Buer), angebracht auf der Turmspitze.

Friedhof

Kommunaler Friedhof, angelegt 1846, FKap (Bj. 1971/72).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

D 60 (EphA Nienburg); L 5a Nr. 256–258 (LSuptur. Calenberg-Hoya mit Verden-Hoya und Celle); S 09 rep Nr. 1585 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7514 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 546; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 362–365; Heckmann, Kirchen und Kapellen, S. 54–55.
B: Ralf Bemmann: Die Chronik von Wellie (Steyerberger Chroniken), Steyerberg 2007, bes. S. 290–303; Friedrich Bomhoff: Liebenau. Geschichte eines Weserfleckens, Nienburg [1979]; Heinrich Gade: Geschichte des Fleckens Liebenau an der Weser, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen 29 (1863), S. 289–346.


Fußnoten

  1. Hoyer UB VI, Nr. 31. In einer Aufstellung vorhandener Urkunden über die Güter des Klosters Nendorf aus dem Jahr 1586 ist zudem für 1213 ein „breiff auf die Vorbome bei Wellige“ genannt und angeblich für 1208 ein „breiff auf den hoff zu Wellige“, Hoyer UB I, Nr. 1697, Anm. 2, Nr. 23 und 69. Bei Bemmann, S. 17 ff. findet sich eine Zusammenstellung der frühen Nennungen Wellies
  2. Westfälisches UB VI, Nr. 195.
  3. Hoyer UB VI, Nr. 13 und 14.
  4. Hoyer UB I, Heft V, S. 21 und S. 50. Vgl. auch Bemmann, S. 35 ff.
  5. Gade, Geschichte, S. 290. Detailliert: Gade, Hoya und Diepholz I, S. 114 ff.
  6. Gade, Hoya und Diepholz II, S. 362 f.
  7. Bemmann, S. 290.
  8. Gade, Hoya und Diepholz II, S. 364 f.; Bemmann, S. 245: „Um ungestört den Gottesdienst abhalten zu können und die Furcht, dass sich die Kirmes zu einem förmlichen Jahrmarkt entwickeln könnte und höhere Kosten auf die Bauernschaft zukämen, wurde der Antrag auf Abschaffung gestellt und vom Amt Stolzenau auch am 16. August 1833 mit sofortiger Wirkung gebilligt.“
  9. Bemmann, S. 254 ff. und S. 360.
  10. Gade, S. 344; LkAH, L 5a, Nr. 256 (Visitation 1934).
  11. LkAH, L 5a, Nr. 256 (Visitation 1949) und Nr. 257 (Visitation 1979); LKA, G 9 B/Wellie Bd. I, Bl. 7.
  12. Bemmann, S. 296 f.
  13. Zur Baugeschichte: Bemmann, S. 291 f.
  14. Gade, Hoya und Diepholz II, S. 362; Bemmann, S. 292.
  15. Bemmann, S. 292; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 362. LKA, G 9 B/Wellie Bd. I, Bl. 11 und 21.
  16. Bemmann, S. 293 ff., mit Abb.