KapG der KG Hedemünden | Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Göttingen-Münden, Amtsbereich Münden | Patrozinium: Trinitatis (1964, früher wohl Nikolaus)1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das Dorf am linken Ufer der Werra erstmals im Juni 1355 erwähnt: Gottschalk, Gottschalk Hermann und Johann Plesse verpflichteten sich, ihre Dörfer Hedeminni, Elderode und Overrode innerhalb der nächsten zwei Monate an Hzg. Ernst zu Braunschweig-Lüneburg, Fs. von Göttingen († 1367) zu verkaufen.2 Die eigentliche Verkaufsurkunde datiert vom 15. August 1355. Das Dorf gehörte zum Amt Münden (Oberamt, ehemals Gericht Sichelnstein)3 im welfischen Fsm. Göttingen, das ab 1495 Teil des Fsm. Calenberg-Göttingen war („Kernlande Hannover“, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover). In französischer Zeit war Oberode von 1807 bis 1813/14 Teil des Kantons Münden im Distrikt Cassel des Fuldadepartements im Kgr. Westphalen. Danach gehörte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wiederum zum Amt Münden. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Oberode 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam es zum Lkr. Münden, der 1973 im Lkr. Göttingen aufging. Im gleichen Jahr wurde Oberode nach Münden eingemeindet (1991: Hann. Münden). Von der zweiten Hälfte des 16. Jh. bis zur Mitte des 19. Jh. zählte die Töpferei zu den bedeutendsten Erwerbszweigen des Dorfes (1581: 5 Töpfer, 1685: 21, 1712: 45, 1868: 15, 1920: 1).4 Um 1810 lebten gut 360 Menschen in Oberode, 1900 rund 390, 1959 etwa 800 und 2018 insgesamt 665.

Nikolauskapelle, Ansicht von Nordwesten, um 1953

Nikolauskapelle, Ansicht von Nordwesten, um 1953

Über die vorref. Kirchengeschichte des Dorfes ist nichts bekannt; es gehörte kirchlich vermutlich, wie in nachref. Zeit, zu Hedemünden. Auch das Baujahr der ersten Kapelle ist nicht bekannt. Sie existierte 1588, denn im Visitationsprotokoll aus diesem Jahr heißt es, der Hedemündener P. Martin Seesen (amt. 1585–1604) predige „auch im Filial Obernrode zweimal im Jahre“.5 Die Kapelle soll um 1626 von kaiserlichen Truppen unter Johann T’Serclaes von Tilly († 1632) „sehr ruiniert“ worden sein.6 Die ältesten erhaltenen Ausstattungsstücke sind die Glocke von 1636 und der Taufstein von 1644. Mit Daniel Bertell ist 1675 erstmals der Name eines Lehrers in Oberode überliefert.7
Der Hedemündener P. Georg Ströver (amt. 1627–1665) hielt nach einer Vereinbarung mit der Gemeinde Oberode nicht nur zweimal pro Jahr einen Gottesdienst in der Kapelle, sondern einen pro Monat. Die Oberoder zahlten ihm dafür acht Taler im Jahr. Sein Sohn und Nachfolger, P. Johannes Ströver (amt. 1665–1689), beschrieb die Nikolaus-Kapelle 1670 als „ein altes baufälliges Gebäude“.8 Mit Hilfe einer Spende des Kapellenvorstehers Luk (oder Lük) konnte die Gemeinde 1695/96 eine neue Fachwerkkapelle errichten.9 Neben den beiden jährlichen Gottesdiensten hielt der Schulmeister hier wöchentlich Katechismuslehre.
Nachdem die Bevölkerungszahl Oberodes nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf über 800 gestiegen war, führte P. Richard Zellmann (amt. 1947–1960) 14-tägliche Gottesdienste ein. Anfang Dezember 1961 feierte die Gemeinde Oberode einen letzten Gottesdienst in der baufälligen Fachwerkkapelle.10 Im Folgejahr ließ sie den Bau abbrechen. Zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde nun in der Turnhalle. Nach der Grundsteinlegung 1963 (Trinitatisfest, 9. Juni) konnten die Oberoder knapp ein Jahr später ihre neue Trinitatiskapelle einweihen.11
Das Verhältnis zwischen der städtischen Muttergemeinde Hedemünden und der KapG im „ärmeren Töpferdorf“ Oberode war häufig ein spannungsreiches.12 Dies drückte sich nicht zuletzt in dem erfolgreichen Widerstand der Oberoder gegen die in den 1970er Jahren diskutierte Auflösung der KapG aus.13 Nach der Visitation 1984, als die Auflösungspläne vom Tisch waren, betonte der Sup. des KK Münden die hohe Bedeutung der eigenständigen KapG Oberode, denn letztlich müsse „die überschaubare Gemeinde Ordnungsprinzip der Kirche bleiben“.14

Umfang

Oberode

Kirchenbau

Moderner Backsteinbau mit wabenförmigem Grundriss, errichtet 1963/64. Satteldach. Horizontale Fensterbänder unterhalb der Dachtraufe, Rundfenster nach Osten. Im Innern offener Dachstuhl, Westempore; unterhalb der Westempore Gemeinderaum (mit Glaswand abgetrennt). Vor 1984 Gemeinderaum unter Orgelempore eingebaut.

Fenster

Rundes, farbiges Betonglasfenster nach Osten (Trinitatisfenster).

Turm

Querrechteckiger Westturm, aus der Mittelachse der Kapelle nach Süden verschoben. Satteldach, bekrönt mit Hahn. Backsteinmauerwerk. Im Glockengeschoss rechteckige Schallfenster mit Vertikalstreben, daneben Uhrziffernblätter. Rechteckportal nach Westen.

Vorgängerbau

Nikolauskapelle, 1670 als baufällig beschrieben. Neubau 1695, Fachwerkbau mit Bruchsteinsockel, polygonalem Ostschluss und vierseitigem Dachreiter über Westgiebel. Westseite mit Ziegelbehang, Rechteckfenster. Wegen Baufälligkeit 1962 abgerissen.

Ausstattung

Schlichter, steinerner Altartisch (1964). – Niedrige, holzverkleidete Kanzel (1964). – Vierseitiger Taufstein mit abgeschrägten Ecken (1644), vierseitiger Fuß, runder Schaft; am Beckenrand Inschrift: „Hans Schad, Georgius Strover[us] Pastor 1644, Renov. A[nn]o 1714“.15 – Hölzerner Opferstock (18. Jh.?). – Gemaltes, querrechteckiges Epitaph (1707 oder später, Johann Daniel Sarrazin), für Margaretha Elisabeth, Jost Heinrich und Johann Georg Niemann (alle † 1707), Öl auf Leinwand.

Orgel

Neue Orgel, erbaut 1877 von Carl Heyder (Mühlhausen), 11 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1934 Orgelreparatur. 1951 Instrument in schlechtem Zustand. Bei Abriss der Kapelle abgebaut. 1968 Orgelneubau für die neue Kapelle, ausgeführt von Rudolf Janke (Bovenden), 7 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, d’’ (Bronze, Gj. 1636, Gottfried Kohler, Kassel), Inschrift: „Anno 1636. Gottfriedt Kohler in Cassel gos mich, in Overode gehere ich“ und „Hevt so ihr den Schal dieser Klocken höret so verstocket evwer Hertzen nicht. 95. Pesalm.“ und „Georgivs Strover Pastor, Valentin Oppermann Bavrmeister, Barthol. Oppermann Vorsteher, Hans Löver Kirchvater“, Bild: Relief einer Kanne zwischen Beginn und Ende der unteren Inschrift.16

Friedhof

Ehemaliger Friedhof bei der Kapelle. Neuer Friedhof, angelegt 1856 oberhalb des Dorfes, Eigentum der KapG, FKap (Bj. 1953/54, erweitert 1988–90).17

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 5 Nr. 484 (Spec. Landeskons.); S 11a Nr. 7432 (Findbuch PfA).

Literatur

A: Gemeindebuch KKV Münden, S. 44–46; Kirchen Hann. Münden, [S. 16]; Casemir/Ohainski/Udolph, Ortsnamen Lkr. Göttingen, S. 304; Mathies, Taufbecken, S. 141.
B: Heinrich und Karin Hampe: Oberode. Aus der Geschichte eines Dorfes an der Werra, Hannoversch Münden 2005; Ulrich Harbort: Die Kirchengemeinde St. Michaelis Hedemünden, in: Heinrich Hampe: Hedemünden. Aus der Geschichte einer kleinen Ackerbürgerstadt bis zu ihrem Verzicht auf die Stadtrechte 1930, Hann. Münden-Oberode 1992, S. 126–148, bes. S. 146; Heinrich Hampe: Das Töpferhandwerk in Oberode an der Werra (= Sydekum-Schriften zur Geschichte der Stadt Münden 5), Hannoversch Münden 1981; Günther Kaerger: Die Flurnamen der Gemarkung Oberode (Hann. Münden) (= Sydekum-Schriften zur Geschichte der Stadt Münden 7), Hannoversch Münden 1982.


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 164, ebd. II, S. 78 f.
  2. Sudendorf, UB II, Nr. 508; Hampe & Hampe, S. 30 f.
  3. NLA HA Hann. 74 Münden, Beschreibung.
  4. Hampe & Hampe, S. 87 f.
  5. Kayser, General-Kirchenvisitation I, S. 154. P. Seesen hatte die Pfarrstelle bereits seit 1585 inne, erhielt seine Belehnung jedoch anscheinend erst nach der Visitation von 1588.
  6. Zit. bei Hampe & Hampe, S. 122.
  7. Althaus, Generalvisitation I, S. 129. Bertell fehlt in der Zusammenstellung bei Hampe & Hampe, S. 114 ff.
  8. Zit. bei Harbort, S. 146.
  9. Hampe & Hampe, S. 123. Laut Schulchronik spendete der Kapellenvorsteher 350 Taler und 32 Mariengroschen.
  10. Hampe & Hampe, S. 123.
  11. Der Neubau sei „wohl gelungen“, habe „aber dennoch der Gemeinde die alte kirchliche Heimat nicht ersetzen“ können, Kirchen Hann. Münden, [S. 16].
  12. Harbort, S. 146.
  13. Harbort, S. 146; LkAH, L 5c, unverz., Hedemünden, Visitationen 1973 und 1978.
  14. LkAH, L 5c, unverz., Hedemünden, Visitation 1984.
  15. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 385 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di066g012k0038509.
  16. DI 66, Lkr. Göttingen, Nr. 365 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di066g012k0036507.
  17. Hampe & Hampe, S. 126 f.