KapG der KG Essern | Sprengel Hannover, KK Stolzenau-Loccum | Patrozinium: – | KO: Lüneburger KO von 1643
Orts- und Kirchengeschichte
Schriftlich ist der Ort in den ältesten Teilen der Hoyaer Lehnregister belegt, die wohl um 1230 angelegt, aber nur in späteren Abschriften überliefert wurden: Laut Register besaßen Bertolt unde tedolf in nordelo twe hus als Lehen der Hoyaer Grafen.1 Das Register bezeichnet Nordel als Teil der gravescap loveslo, die darüber hinaus nicht nachgewiesen ist; sie war möglicherweise identisch mit oder ein Teil der um 1300 erwähnten cometiam iuxta mindam (Gft. bei Minden), welche die Gf. von Hoya seinerzeit erworben hatten.2 Eine sicher datierbare urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1244, als Bf. Johann von Minden (amt. 1242–1253) den decimam in Nordenlo (Zehnten Nordels) dem Kloster Levern übertrug.3 Nordel gehörte im Spätmittelalter zum Amt Diepenau der Gft. Hoya.4 Als die Gf. von Hoya 1582 in männlicher Linie ausstarben, fiel ihr Besitz an das welfische Hzm. Braunschweig-Lüneburg (größtenteils an das Fsm. Calenberg-Göttingen, seit 1692 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. „Kurhannover“).5 In französischer Zeit gehörte Nordel 1810 zunächst kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und war dann bis 1813/14 Teil des Kantons Rahden im Arrondissement Minden des Departements Oberems im Kaiserreich Frankreich. Danach zählte Nordel, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Diepenau, das 1859 dem Amt Uchte eingegliedert wurde. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel der Ort 1866 an das Kgr. Preußen. Bei Einführung der Kreisverfassung kam Nordel 1885 zum Kr. Stolzenau, der 1932 im Kr. Nienburg/Weser aufging. 1974 wurde Nordel nach Diepenau eingemeindet, das gleichzeitig der Samtgemeinde Uchte beitrat. Um 1812 lebten rund 360 Menschen in Nordel, 1895 etwa 430, 1939 gut 540 und 1950 knapp 810 und 1992 rund 550.
Kirchlich gehörte Nordel, wie alle Dörfer und Höfe im Amt Diepenau, zum Kirchspiel Lavelsloh. Zur Bauzeit der ersten Dorfkapelle ist nichts bekannt; nachweislich existierte sie 1663.6 Ältestes Zeugnis der Kirchengeschichte Nordels ist eine kleine Bronzeglocke aus vorref. Zeit, die laut Inschrift im Jahr 1499 gegossen wurde und den Namen Maria trägt.
Zusammen mit der Muttergemeinde Lavelsloh wechselte Nordel vermutlich zur luth. Lehre, als Gf. Jobst II. Ende der 1520er Jahre die Reformation in der Gft. Hoya einführte.7 Der erste namentlich bekannte ev. Prediger des Kirchspiels Lavelsloh ist P. Antonius Werdinghoff (amt. um 1550, 1588). Im Corpus Bonorum der Kirche Lavelsloh aus dem Jahr 1734 sind auch die Kapellen in Diepenau, Essern, Nordel und Bohnhorst erwähnt, wobei Details zur Kapelle Nordel fehlen.8 In der Regel predigte der Lavelsloher Pastor dreimal im Jahr in Nordel; darüber hinaus hielt der Lehrer Betstunden in der Kapelle. Im Jahr 1751 ist die Kapelle Nordel neu erbaut worden.
Der kleine Fachwerkbau befand sich schon 1866 in einem schlechten Zustand und 1908 bat die Gemeinde, die Gottesdienste zukünftig in der Schule feiern zu dürfen.9 Stattdessen wurde die Kapelle 1910 renoviert. Der Zustand war jedoch 1933 wieder so schlecht – „herausgefallene Lehmwand … abgefallener Putz“ – dass die Gemeinde sich zu einem Neubau am Friedhof entschloss.10 Zusammen mit P. Georg Bruns (amt. 1932–1950) feierte die Gemeinde noch im gleichen Jahr die Einweihung des Neubaus. Die alte Kapelle wurde verkauft. In den Antworten auf die Visitationsfragen 1950 schrieb P. Bruns: „Nordel ist eine verhältnismäßig gut zusammenhaltende Gemeinde, wie es sich auch beim Bau der neuen Kapelle 1933 […] erwiesen hat. Sie will kirchlich sein und hat eine gute Anzahl kirchlich eingestellter Bauernfamilien.“11
Mit dem Zuzug Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs wuchs die Zahl der Gemeindeglieder von rund 4.000 im Jahr 1938 auf etwa 5.300 im Jahr 1950. 1956 teilte das LKA Hannover das große Kirchspiel und die KapG Nordel wurde in die neue KG Essern umgepfarrt.12 Die KapG Nordel gehört zur Region Südkreis des KK Stolzenau-Loccum, die sich aus den KG Essern, Lavelsloh, Uchte und Warmsen zusammensetzt.
Umfang
Nordel und Steinbrink
Kapellenbau
Rechteckiger Saalbau mit späterem Querbau nach Norden, erbaut 1933. Satteldächer über Kapelle und Querbau. Weiß geschlämmtes Ziegelmauerwerk; Querbau mit roten Ziegeln verklinkert. An der Südseite rechteckige Sprossenfenster mit rötlicher Ziegelrahmung; Anbau mit bodentiefen Fenstern nach Westen. Im Innern tief herabgezogenes Tonnengewölbe, Westempore. Innen und außen Bibelzitate (Mt 11,28, Lk 11,28, Jer 22,29, Ps 86,11 und Joh 14,6). 1974 nördlicher Querbau errichtet. 2008 Renovierung.
Turm
Zweistöckiger, leicht eingezogener Westturm, nur wenig höher als das Schiff. Satteldach, bekrönt mit Kreuz, Schallgauben nach Norden und Süden. Weiß geschlämmtes Ziegelmauerwerk. Im Giebel hochrechteckige Schallfenster nach Westen und Osten; kleine, rechteckige Sprossenfenster mit rötlicher Ziegelrahmung nach Norden und Süden, Rechteckportal mit rötlicher Ziegelrahmung nach Westen, darüber Christusmonogramm und Inschrift.
Vorgängerbau
An anderem Standort rechteckiger Fachwerkbau mit Satteldach und kleinem, offenen Dachreiter, errichtet 1751.13 Rechteckfenster. Nach Bau der neuen Kapelle verkauft.14
Ausstattung
Schlichter Blockaltar. – Niedrige Kanzel. – Kruzifix an Altarwand (Künstler*in unbekannt).
Orgel
Positiv, erbaut 1938 von Paul Ott (Göttingen), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Zwei LG, I: cisʼʼ (Bronze, Gj. 1933, Firma Radler, Hildesheim); II: eʼʼ (Bronze, Gj. 1986, Firma Rincker, Sinn). Eine SG, bʼʼ (Bronze, Gj. 1499), Inschrift: „anno domini m cccc xcic maria“, aufgestellt neben dem Altar.
Friedhof
Kirchlicher Friedhof nördlich der Kapelle, angelegt 1923, Eigentum der KapG.
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
E 5 Nr. 0797 (Konsistorialbaumeister); S 11a Nr. 7699 (Findbuch PfA).
Literatur & Links
A: Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 432; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 129–130; Müller, Orgeldenkmalpflege, S. 166–167; Peter, Kirchen, S. 30.
B: Christa Hasfeld: Chronik der Ev.-luth. Daniels-Kirchengemeinde Lavelsloh. Nach einer Idee unseres Pastoren Bernhard Borowski aus Anlass der Namensgebung unserer Kirche zum Jahr 2000, hrsg. von der Ev.-luth. Daniels-Kirchengemeinde Lavelsloh, Diepenau 2000; Susanne Kopp-Sievers u. a.: Chronik Nordel. 750 Jahre. 1244 – Nordel – 1994, Stolzenau 1994.
Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Alte Kapelle.
Fußnoten
- Hoyer UB I, Heft IV, S. 7. Zur Datierung vgl. ebd., Heft IV, S. i ff.
- Hoyer UB I, Nr. 3; Dienwiebel, Ortsverzeichnis Hoya/Diepholz II, S. 367.
- Westfälisches UB VI, Nr. 425; Kopp-Sievers u. a., S. 5 f. (Übersetzung).
- Zur territorialen Entwicklung: Kopp-Sievers u. a., S. 7.
- Detailliert: Gade, Hoya und Diepholz I, S. 114 ff.
- Kopp-Sievers u. a., S. 14.
- Vgl. zur Reformation in der Gft. Hoya zuletzt Bösche, Holste, S. 75 ff., zu Stolzenau S. 91 f., zur KO S. 115 f. Vgl. zudem Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,2, S. 1122 ff. Zeitgenössische Quellen zur Reformation in der Gft. Hoya fehlen weitgehend; die Kenntnisse stammen überwiegend aus historischen Arbeiten der zweiten Hälfte des 18. Jh., die „urkundlich und archivalisch nicht mehr belegt werden“ können (ebd., S. 1122).
- Hasfeld, S. 14.
- Kopp-Sievers u. a., S. 15.
- Zit. bei Kopp-Sievers u. a., S. 16.
- LkAH, L 5a, Nr. 247 (Visitation 1950).
- KABl. 1956, S. 85f.
- NLA HA Hann. 83 II Nr. 4057 und NLA HA Hann. 74 Stolzenau Nr. 989, 07.07.2021. Abb.: Hasfeld, S. 45; Gade, Hoya und Diepholz II, S. 129.
- Kopp-Sievers u. a., S. 14: „Die Kapelle besteht als Gebäude heute noch an der gleichen Stelle. Sie ist ummauert und das Fachwerk ist von außen nicht mehr zu sehen. Der Glockenturm ist abgerissen.“