Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: kein mittelalterliches Patrozinium bekannt1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das Rundlingsdorf erstmals 1362 als Moychevitze nachgewiesen.2 Der Ort lag im Gebiet des Amtes Lüchow (vormals Gft. Lüchow, 1320 an die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg gekommen), das zum welfischen Teilfsm. Lüneburg gehörte, seit 1591 zur Herrschaft Dannenberg (die 1636 an das Fsm. Wolfenbüttel kam)3, ab 1671 erneut zum Fsm. Lüneburg und ab 1705 zum Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover). Die Gerichtsbarkeit hatte die Familie von Plato inne (Patrimonialgericht Grabow, Ober- und Niedergericht). In französischer Zeit zählte Meuchefitz von 1810 bis 1813 zum Kgr. Westphalen (Kanton Clenze im Distrikt Lüneburg des Departements Niederelbe, ab 1811 im Distrikt Uelzen des Departements Aller). Danach gehörte Meuchefitz, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Lüchow und das Patrimonialgericht wurde restituiert. Es wurde 1849 aufgehoben und 1852 kam Meuchefitz zum kurzlebigen Amt Clenze zu Lüchow, das 1859 wieder im Amt Lüchow aufging. Nach der Annexion des Kgr. Hannover fiel Meuchefitz 1866 an das Kgr. Preußen. Mit Einführung der Kreisverfassung 1885 kam das Dorf zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1929 wurden Meuchefitz und Seerau zur Landgemeinde Meuchefitz zusammengelegt; 1972 wurde der Ort nach Küsten eingemeindet (1972 Samtgemeinde Lüchow, 2006 Samtgemeinde Lüchow (Wendland)). Zum sozialen Profil der KG Meuchefitz (und Küsten) heißt es im Visitationsbericht von 1955: „Die Kirchengemeinde setzt sich zusammen aus wenigen Geschäftsleuten, Handwerkern, landwirtschaftlichen Arbeitern, beschäftigten und arbeitslosen Vertriebenen und einer größeren Zahl Pächter, Landwirte und Bauern“.4 Um 1813 lebten etwa 65 Menschen in Meuchefitz, 1905 knapp 130, 1946 fast 150 und 2003 rund 55.
Die ältesten Zeugnisse der örtlichen Kirchengeschichte sind das Kirchengebäude selbst (südlich außerhalb des Dorfes gelegen), die Glocke sowie ein Holzrelief (Maria auf dem Sterbebett). Alle drei stammen vermutlich aus dem 15. Jh. Das Patrozinium der Kirche ist nicht überliefert, auch Namen vorref. Geistlicher sind nicht bekannt.
Seit 1527 betrieb Hzg. Ernst I. († 1546), später der Bekenner genannt, die Einführung der Reformation im Fsm. Lüneburg. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es abgelehnt hatten, als Leitfaden.5 Das Lüneburger Pfründenregister aus dem Jahr 1534 nennt mit Her Jürgen pegelow den ersten luth. Prediger von Küsten und möglicherweise auch von Meuchefitz.6 Im Protokoll der Visitation von 1543 lautet die Überschrift bereits Küst-Moeucheuitz und P. Johannes Krabbe war für beide Gemeinden zuständig.7 Das Protokoll vermerkt überdies, die Jurati (Kirchenältesten) in Meuchefitz hätten „de clocke to stücke gesclagen“ und versprochen, das Glockengut zu verkaufen und den Erlös zu Bau und Besserung der Kirche zu verwenden (vendidisse aes campane et pecuniam convertisse in usus fabrice).
Ein eigenes Pfarramt bestand in Meuchefitz in nachref. Zeit nicht. Als verbundene Mutterkirchen (mater combinata) teilten sich die beiden Nachbargemeinden Küsten und Meuchefitz stets eine Pfarrstelle. Der Pastor hatte seinen Sitz in Küsten. Während der Amtszeit von P. Johann Joachim Wiesel (amt. 1699–1728) bekam die Kirche in Meuchefitz im Jahr 1706 den bis heute erhaltenen Kanzelaltar. Um 1872/73 ließ die Gemeinde Meuchefitz ihre Kirche umgestalten: Der Westteil und der Unterbau des Turms wurden in Ziegelmauerwerk erneuert, überdies erhielt die Kirche große Spitzbogenfenster.8
Nach der Emeritierung von P. Georg Wilhelm Heinrich Behrens (amt. 1895–1932) blieb die Pfarrstelle der Gemeinden Küsten und Meuchefitz vakant und wurde vom Pfarramt Satemin mitversehen. Im Jahr 1935 zählte das Kirchspiel Meuchefitz, das auch die Dörfer Gühlitz, Köhlen, Kremlin, Seerau und Schwiepke umfasste, knapp 390 Gemeindeglieder.9 Zum Gottesdienstturnus schrieb der Sateminer P. Julius Karl Friedrich Wilhelm Thimme (amt. 1933–1946) 1935: „Innerhalb der Gemeinde Küsten-Meuchefitz wechseln 2 Gottesdienste in Meuchefitz mit 1 Gottesdienst in Küsten.“10 Überdies fand an Weihnachten, Ostern und Pfingsten jeweils am ersten Feiertag ein Gottesdienst in Meuchefitz statt.
Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ – 1948 vom KV diskutiert und ausgefüllt – heißt es, P. Thimme habe während der NS-Zeit kirchenpolitisch der Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft angehört.11 Bei der Kirchenwahl 1933 hätte die Gemeinde den existierenden KV im Amt bestätigt.12 Nach der Visitation der Gemeinden Küsten, Meuchefitz und Satemin schrieb der Lüchower Propst 1935 über die Kirchenvorsteher: „Eine bestimmte Stellung zum Kirchenstreit nehmen diese Männer nicht ein, weil ihnen von diesem zu wenig bekannt ist.“13
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder in der KG Meuchefitz deutlich an und lag 1947 bei knapp 595.14 Das LKA Hannover hatte die Verbindung mit Satemin wieder aufgehoben und seit Januar 1946 versah der Ostgeistliche Sup. Otto Jablonski (amt. 1946–1953) Küsten und Meuchefitz. Ab 1953 blieben die Gemeinden erneut vakant und das Pfarramt Zebelin übernahm die Hauptvertretung. Zum 1. April 1957 erweiterte LKA Hannover das verbundene Pfarramt Küsten-Meuchefitz um die KG Krummasel; das Pfarramt hatte seinen Sitz in Küsten.15 Erster Inhaber der Pfarrstelle wurde der bisherige Hilfsgeistliche P. Werner Wahnbaeck (amt. 1959–1964). Die Zahl der Gemeindeglieder in den drei KG lag 1962 bei 1.330 (350 Küsten, 360 Meuchefitz, 620 Krummasel). 1974 zog der Lüchower Propst ein positives Fazit: „Es ist gelungen, ein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl in dem 1957 zusammengelegten Kirchspiel zu schaffen“.16
Mit Pn. Karla Schmidt-Gieseking (amt. 1979–1982) übernahm erstmals eine Frau das verbunden Pfarramt Krummasel-Küsten-Meuchefitz. In jeder der drei Kirchen fand alle zwei Wochen ein Gottesdienst statt (1980).17 Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpften die drei verbundenen Gemeinden Kontakte zur Kirchgemeinde Tuttendorf bei Freiberg.18 1989 schrieb der Propst des KK Lüchow in seinem Visitationsbericht, der Kirchenchor habe sich in den letzten Jahren „zu einem Bindeglied zwischen allen drei Gemeinden“ entwickelt („Zusammenkommen über den Kirchturm hinaus“).19
Seit 2002 war P. Thomas Anselm Müller (amt. 1995–2004) neben Küsten, Krummasel und Meuchefitz auch für die KG Wittfeitzen und Zebelin zuständig. Seit 1. August 2008 sind die fünf Gemeinden pfarramtlich verbunden und teilen sich eine gemeinsame Pfarrstelle, die 2017 auf das neu eingerichtete Kirchenkreispfarramt Lüchow-Dannenberg überging.20 Als Ortskirchengemeinde trat die Friedens-KG Küsten der zum 1. Januar 2024 gegründeten „Ev.-luth. GKG West im KK Lüchow-Dannenberg“ bei.21

Umfang

Meuchefitz sowie Gühlitz, Köhlen, Kremlin, Seerau im Drawehn und Schwiepke.

Aufsichtsbezirk

Propstei Lüchow der Diözese Verden.22 – Nach der Reformation Propstei bzw. Insp. Lüchow. 1924 KK Lüchow. 2006 KK Lüchow-Dannenberg.23

Patronat

Der Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau

Saalbau mit halbrundem Ostschluss, erbaut vermutlich im späten 15. Jh.24 Satteldach, nach Osten in ein halbes Kegeldach übergehend. Feldstein- und Ziegelmauerwerk. Im Westen des Schiffs nach Norden und Süden je ein breites, zweigeschossig gegliedertes Spitzbogenfenster mit schlichtem Ziegelmaßwerk; nach Süden ein weiteres, kürzeres Spitzbogenfenster und ein kleines Segmentbogenfenster, nach Norden ein kleines Rechteckfenster; nach Westen links und rechts des Turms je ein Spitzbogenfenster; am Chor zwei zweibahnige Spitzbogenfenster mit schlichtem Ziegelmaßwerk und ein kleines Segmentbogenfenster nach Osten; an der Nordseite segmentbogiger Eingang. Im Innern flache, verbretterte Decke, im Westen Empore. Um 1872/73 Westteil erneuert (Ziegelmauerwerk), große Fenster gebrochen.

Turm

Vierseitiger Westturm, kupfergedeckter Helm mit vierseitigem Ansatz und achtseitiger Spitze, bekrönt mit Kugel, Wetterfahne und Kreuz. Unterbau Ziegelmauerwerk, obere Geschosse Holz mit vertikaler Verschalung. Im Glockengeschoss je ein rechteckiges Schallfenster nach Norden und Osten. Im Unterbau je ein großes, zweibahniges Spitzbogenfenster mit schlichtem Ziegelmaßwerk; nach Westen Spitzbogennische mit Segmentbogenportal und Kreisornament im Giebelfeld. Ende des 16. Jh. vermutlich Holzturm erbaut.25 Um 1872/73 Unterbau erneuert. 1974 Turmhelm verkupfert.

Ausstattung

Kanzelaltar (1706), polygonaler Kanzelkorb zwischen gewundenen Säulen, die Gebälk und trapezförmigen Giebel tragen; seitliches Schnitzwerk mit Engelsköpfen; an den Wandungen des Kanzelkorbs Gemälde: Christus Salvator und Evangelisten; an der Kanzeltür gemaltes Kruzifix; im Giebelfeld Auferstehungsbild; in der Predella Abendmahlsgemälde; zahlreiche Inschriften, u. a. am Gebälk: „H. Iohannes Ioachimus Wisel Pastor Anno 1706“ und am Giebel: „Soli deo gloria“ (Allein Gott die Ehre). – Hölzerner Taufengel, farbig gefasst (18. Jh.), muschelförmige Taufschale; 1896 auf dem Kirchboden, teilweise stark beschädigt; 1931 an Altertumsverein übergeben und später im Wendländischen Heimatmuseum Lüchow ausgestellt; seit 1989 wieder in der Kirche und in Benutzung; 2002 restauriert (Reinhold Gonschior, Dahrendorf).26 – Holzrelief, farbig gefasst (15. Jh.), Maria auf dem Sterbebett, umgeben von den zwölf Jüngern (Marientod-Relief); in den 1960er Jahren auf dem Dachboden des Gemeindehauses Küsten gefunden, restauriert, seit 2010 in der Kirche Meuchefitz.27

Orgel

1968/69 Orgelneubau, Alfred Führer (Wilhelmshaven), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen; Brüstungsorgel.

Geläut

Eine LG, b’ (Bronze, Gj. wohl 15. Jh.), weitgehend unleserliche Inschrift: „ave […] min […]“ (Sei gegrüßt…), Bilder: mehrere Medaillons, vielleicht Pilgerzeichen (thronender Christus, Agnus Dei, Evangelistensymbol Adler); 2004 Glocke repariert (Klöppel ausgebrochen; Firma Lachenmeyer, Nördlingen).28

Friedhof

Kirchlicher Friedhof bei der Kirche, FKap (Bj. 1973).

Liste der Pastoren (bis 1940)

Siehe mater combinata Küsten.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 9 Nr. 1328Digitalisat, 1329Digitalisat, 1330Digitalisat, 1331Digitalisat (Visitationen); D 58a (PfA Küsten); D 58c (PfA Meuchefitz); D 79 (EphA Lüchow); E 5 Nr. 739 (Konsistorialbaumeister); S 11a, Nr. 7677 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Kommunikanten: 1901–1946
Im Übrigen siehe Küsten.

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Lüchow, S. 17–19; Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 261, Nr. 57; Behn, Wendland, S. 112–113; Burkhardt-Liebig u. a., Fotografien, S. 104; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 946; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon II, S. 110–112; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 28–29; Manecke, Beschreibungen II, S. 121; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 214; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 129; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 130–131; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 126; Wübbenhorst, Datierung, S. 98–99.

B: Bernd und Dorothee Kremer (Hg.): Die Kirche von Meuchefitz, 2014.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche, Friedhof, Kirchenanlage.

GND

2096485-7, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinden (Meuchefitz u. a.)


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 271.
  2. Brosius, Regesten, Nr. 48. Zum Namen und für weitere Belege vgl. Schmitz, Siedlungsnamen, S. 130 f.
  3. Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 209 f.
  4. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1955.
  5. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
  6. Salfeld, Pfründenregister, S. 89.
  7. Kayser, Kirchenvisitation, S. 538.
  8. Ein Foto von 1866 zeigt den vorherigen Zustand, Wübbenhorst, Datierung, S. 99; Burkhardt-Liebig u. a., Fotografien, S. 104.
  9. LkAH, L 5e, unverz., Satemin, Visitation 1935.
  10. LkAH, L 5e, unverz., Satemin, Visitation 1935. Im Gemeindebuch KK Lüchow, S. 19, wird dieser Rhythmus 1960 als „alther gewohnte[] Gottesdienstordnung“ bezeichnet.
  11. LkAH, S 1 H III Nr. 617, Bl. 10 f. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  12. LkAH, S 1 H III Nr. 617, Bl. 10.
  13. LkAH, L 5e, unverz., Satemin, Visitation 1935.
  14. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1947.
  15. KABl. 1957, S. 52.
  16. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1974.
  17. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1980.
  18. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1989. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  19. LkAH, L 5e, unverz., Küsten, Visitation 1989.
  20. KABl. 2008, S. 155; KABl. 2016, S. 140 ff.
  21. KABl. 2024 [in Vorbereitung].
  22. Hennecke, Patronate, S. 146; UB Verden IV,1, Nr. 189; Gercke, Propsteien, S. 129; Michael, Kirchengeschichte, S. 204.
  23. KABl. 2006, S. 21 f.
  24. Wübbenhorst, Datierung, S. 99.
  25. Wübbenhorst, Datierung, S. 99.
  26. Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 261, Nr. 57.
  27. Kremer, S. 14.
  28. Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 126.