Sprengel Stade, KK Rotenburg | Patrozinium: Johannes der Täufer | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte

Die älteste urkundliche Erwähnung Horstedts findet sich in einem Tafelgutverzeichnis des Verdener Bf. Luder von Borch (amt. 1231–1251), das vermutlich zwischen 1237 und 1246 entstand; das Dorf ist hier als Hostede verzeichnet.1 Horstedt lag im Hochstift Bremen, dem weltlichen Territorium der Bremer Erzbischöfe, nahe der Grenze zum Hochstift Verden; der genaue Grenzverlauf blieb lange ein Streitthema. 1619 wurde die Wieste als Grenze zwischen den Hochstiften festgelegt, jedoch gab es noch bis 1764 „an beyden Seiten der Wieste […] gestreute Jurisdictionssassen“, also Menschen, die nördlich der Wieste lebten, aber dem verdischen Amt Rotenburg abgabepflichtig waren bzw. südlich der Wieste und dem stiftbremischen Amt Ottersberg unterstanden.2 Horstedt lag im Gebiet des stiftbremischen Amtes Ottersberg. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde das Hochstift Bremen säkularisiert und blieb zusammen mit dem ebenfalls säkularisierten Hochstift Verden unter schwedischer Herrschaft (vereinigte Herzogtümer Bremen-Verden). Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) besetzte Dänemark 1712 die beiden Territorien und 1715 konnte das welfische Kfsm. Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) Bremen und Verden erwerben (1719 von Schweden gegen weitere Zahlung anerkannt). In französischer Zeit gehörte Horstedt 1810 kurzzeitig zum Kgr. Westphalen und war dann bis 1813 Teil des Kantons Ottersberg im Arrondissement Bremen des Departements Wesermündung im Kaiserreich Frankreich. Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, wieder zum Amt Ottersberg und nach dessen Auflösung 1859 zum Amt Rotenburg. Mit der Annexion des Kgr. Hannover wurde Horstedt 1866 preußisch und kam bei Einführung der Kreisverfassung 1885 zum Lkr. Rotenburg/Hann. Seit 1970 gehört Horstedt zur Samtgemeinde Sottrum, 1974 wurden Stapel und Winkeldorf eingemeindet. Um 1830 lebten in Horstedt, Winkeldorf, Stapel und Clünder knapp 300 Menschen, 1969 gut 890 und 2019 etwa 1.270.
Kirchlich gehörte Horstedt bis 1989 zum Kirchspiel Sottrum. Schon Anfang der 1950er Jahre nahm der KV Sottrum Planungen für den Bau eines Gemeindezentrums in Horstedt auf, das Kirche, Pfarrhaus und Schwesternstation umfassen sollte und als kirchliches Zentrum einer zu errichtenden KapG Horstedt gedacht war.3 „Die Entfernungen von den Aussendörfern, die zur Kapellengemeinde Horstedt geschlagen werden sollen, nach dem Kirchdorf Sottrum betragen 5–14 km. Diese Entfernungen würden sich durch den Bau der Kirche in Horstedt auf 2–5 km für die Gemeindeglieder reduzieren“, argumentierte der KV 1958.4 Aus finanziellen, aber angesichts der vorgelegten Entwürfe auch aus gestalterischen Gründen stellte das Landeskirchenamt das Bauprojekt mehrfach zurück.
Mit der Einrichtung zweiwöchentlicher Gottesdienste in der Horstedter Schule machte die KG Sottrum das Dorf 1958 zum zweiten kirchlichen Schwerpunkt der Gemeinde.5 1960 schließlich konnte die Gemeinde einen Bauplatz erwerben und im folgenden Jahr den Grundstein für die Johannes-der-Täufer-Kirche legen. Am dritten Advent 1962 weihte die Gemeinde das neue Gotteshaus ein. Südlich der Kirche entstand das Wohnhaus für die Gemeindeschwester (Schwesternstation ging 1980/81 in der Diakonie-Sozialstation Rotenburg-Sottrum auf); westlich schließt sich seit 1972 das Pfarrhaus an, über den Konfirmandensaal verbunden mit der Kirche. Die erste Pastorin mit Wohnsitz in Horstedt war Pn. Irmela Lüßenhop (amt. 1966–1968), gefolgt von P. Eckart Kaspari (amt. 1968–1973).
Zur Errichtung einer KapG oder einer eigenständigen KG kam es nach Einweihung der Kirche jedoch nicht. 1971 merkte der Sup. des KK Rotenburg an, derartige Pläne sollten fallen gelassen werden – nicht zuletzt, da eine KG Horstedt mit etwa 1.700 Gemeindegliedern nicht lebensfähig sei.6 Zum 1. Februar 1989 schließlich gründete sich die „Ev.-luth. Kirchengemeinde Horstedt“ und übernahm die zweite Pfarrstelle der Muttergemeinde Sottrum.7 P. Werner Hagedorn (amt. 1980–1992) war der erste Pastor der neuen KG. Auch der größte Teil des 1877 in Höperhöfen gegründeten Posaunenchors wechselte zur neuen KG.8
Gemeinsam mit der Muttergemeinde Sottrum unterhält die KG Horstedt eine Partnerschaft mit der sächsischen Kirchgemeinde Neschwitz bei Bautzen.9 1991 gründete sich die ökumenische Band Öku-Pax als Projekt der ev.-luth. KG Horstedt und der kath. Corpus-Christi-Gemeinde Rotenburg. Zum Jahr der Bibel 2003 legte die KG Horstedt vor dem Ostgiebel der Kirche einen Bibelgarten an.

Umfang

Horstedt sowie Bittstedt, Bötersen, Clünder, Höperhöfen, Jeerhof, Mulmshorn, Platenhof, Schleeßel, Stapel, Taaken und Winkeldorf.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1989 zum KK Rotenburg.

Kirchenbau

Nach Westen ausgerichteter Rechteckbau mit schmaler, eingezogener Rechteckapsis und zwei Vorbauten nach Norden (im Westen Gemeinderaum, im Osten Vorhalle), nach Westen schließt sich das Pfarrhaus an, errichtet 1962 (Architekt: Eberhard Gildemeister, Bremen). Satteldach, Schleppdächer über den Vorbauten; Ziegelmauerwerk; wandfüllendes Rundfenster nach Norden, kleineres Rundfenster im Ostgiebel; hochrechteckige Fenster in den Schmalseiten der Apsis; Vorhalle mit Fensterfront nach Osten und Rundfenster nach Westen; Christusmonogramm in Westgiebel (Ziegelornament). Im Innern verklinkerte Wände, aufgelockert mit Horizontalstreifen aus hellen Backsteinen; offener Dachstuhl mit sichtbaren Balken; Ostempore; in Südwand hohe rundbogige Blendnische mit zwölf Kreuzen (Ziegelornament) und 14 kleinen Rundfenstern.

Fenster

Gestaltet von Heinz Lilienthal, Bremen: Großes, farbig verglastes Rundfenster nach Norden. Betonglasrosette nach Osten, farbig gestaltet. Unter der Empore rechteckiges Betonglasfenster nach Süden, Fische und Taube (Tauffenster). 14 sehr kleine Rundfenster nach Süden, farbiges Betonglas. Farbiges, rundes Betonglasfenster in Westwand der Vorhalle, Christus besiegt Schlange.

Turm

Über dem Ostgiebel Dachreiter, offene Stahlträgerkonstruktion mit spitzem, sehr schlankem und hohem Kupferhelm, bekrönt mit Wetterhahn.

Ausstattung

Schlichter Altar, Sandsteinmensa auf leicht geschwungenem Sockel. – An Altarwand Sandsteinplatte mit Bergkristall und Konsole, darauf Bronzeplastik „Johannes der Täufer“ (1963, Marie Luise Wilckens, München). – Holzkanzel. – Holztaufe.

Orgel

Orgelpositiv, erbaut etwa 1965 von Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 5 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen; 1995 abgegeben an FKap in Cappel bei Marburg. 1995 neue Orgel aufgestellt, Meisterstück von Martin ter Haseborg (Uplengen), gebaut 1993, 7 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1999 erweitert auf 8 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.10

Geläut

Zwei LG, I: a’’, Inschrift: „Wer aus der Wahrheit ist, höret meine Stimme“ (Joh 18,37); II: h’’, Inschrift: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Heb 13.8), (beide Bronze, Gj. 1966, Firma Rincker, Sinn), beide Glocken tragen zudem Gießerzeichen und Jahreszahl 1966. – Glocke im Feuerwehrhaus (Bronze, Gj. 1696, Henrich Bringemann), Inschrift: „Anno 1696 hat das Horstedter Bauwermaal diese Betglocke vor sie und ihre Nachkommen lassen giessen, als H. Johann Friederr R. Baldovius Pastor zu Sottmer war. Henrich Bringemann me fecit“, um 1807 gerissen.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus, westlich an die Kirche anschließend (Bj. 1972). – Gemeindehaus Hus op’n Barg (Bj. 1928/29 als Schulhaus, 1951 erweitert, 1993 umgebaut zu Gemeindehaus).11

Friedhof

Kommunale Friedhöfe in Bötersen (mit FKap, Bj, 1974), in Horstedt (angelegt 1898, mit FKap. Bj. 1972), im Mulmshorn (mit FKap, Bj. 1970, und Glockenturm, Bj. 1993), in Stapel, in Winkeldorf, in Höperhöfen/Jeerhof, in Schleeßel und in Taaken (mit FKap, Bj. 1975).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

L 5g Nr. 431, 750 (LSuptur. Stade); S 9 rep Nr. 1478, 2052 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: Heyken, Kirchen II, S. 73–77.
B: 800 Jahre Sottrum, hrsg. vom Heimatverein Sottrum e. V., Sottrum 2005; Ein Rundgang durch den Bibelgarten Horstedt. 13 Stationen durch die Heilsgeschichte zum Meditieren, Besinnen, Entdecken…, hrsg von der Ev.-luth. Johannes-der-Täufer-Kirchengemeinde Horstedt, Horstedt [2007]; Katrin & Joachim Corleis: Die Kirche in Horstedt. Einblicke – Rückblicke, Sottrum [1999]; Elke Kortebein & Marianne Hackbarth: Die Samtgemeinde Sottrum 1969–1994, Sottrum 1995, bes. S. 177–180; Hannelore de Vries, Hans Rudolf Wahl, Wolfgang Gutke (Red.): 50 Jahre Johannes-der-Täufer-Kirche Horstedt. Festschrift, Horstedt 2012
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GND

6061638-6, Evangelisch-Lutherische Johannes-der-Täufer-Kirchengemeinde (Horstedt, Landkreis Rotenburg (Wümme))


Fußnoten

  1. UB Verden I, Nr. 351, I, 7 und 8. Kortebein & Hackbarth, S. 179, nennen 1299 als Ersterwähnung (ohne Beleg). Bei den Quellenbelegen ist insgesamt auf die Unterscheidung von anderen gleichnamigen Orten zu achten (Horstedt nördlich von Harpstedt, Horstedt nördlich von Thedinghausen).
  2. 800 Jahre, S. 54 ff.; Pratje, Bremen und Verden VII, S. 153. Die beiden Ämter schlossen 1764 einen „Austauschungs-Vergleich“, gedruckt ebd., S. 168 ff. bei Pratje, Bremen und Verden VII,1619 und 1764 wurde die Wieste als Grenze zwischen den Hzm. Bremen und Verden festgelegt (1823 aufgehoben) bzw. zwischen den Ämtern Ottersberg und Rotenburg (ersteres 1859 aufgehoben), siehe auch S. 153: Nach der Grenzziehung 1619 „blieben doch verschiedene an der Nordseite des Wiesteflusses wohn- und seßhafte Unterthanen unter dem Amte Rothenburg, und verschiedene andere an der Süderseite unter dem [stiftbremischen] Amte Ottersberg“; dies änderte sich mit dem von 1764, abgedruckt ebd., S. 168.
  3. Zum Folgenden: Corleis, S. 16 ff.; de Vries, Wahl & Gutke, S. 10 ff.; LkAH, B 2 G 9/Horstedt Bd. I, passim.
  4. LkAH, B 2 G 9/Horstedt Bd. I, Bl. 35 (Schreiben des KV Sottrum an das LKA Hannover, 16.01.1958).
  5. LkAH, L 5g, Nr. 295 (Visitation 1959).
  6. LkAH, L 5g, Nr. 296 (Visitation 1971).
  7. KABl. 1989, S. 21 f.
  8. Corleis, S. 91.
  9. Corleis, S. 50 f.; allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  10. Corleis, S. 86 ff.; siehe auch https://www.orgel-information.de/Orgeln/h/hk-ho/Horstedt_Johannes_der_Taeufer.html, 02.12.2020.
  11. Corleis, S. 56 ff.