Sprengel Lüneburg, KK Celle | Patrozinium: Martin (seit 1959) | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Die heutige Ortschaft Großmoor verdankt ihre Entstehung den Bestrebungen zu Anfang des 20. Jh., das südlich von Celle in Richtung Hannover gelegene Große Moor als Siedlungsland zu erschließen.1 Nachdem schon 1824 in einem benachbarten Abschnitt des Wietzenbruchs eine Siedlung begonnen wurde, die 1831 den Namen Adelheidsdorf erhielt (nach der Gemahlin des Hannoverschen Königs Wilhelm IV.)2 wurde in dem zur späteren Gemeinde Großmoor gehörenden Gebiet erst im Winter 1914 mit russischen Kriegsgefangenen eine systematische Kultivierung des Moorlandes begonnen und nach Kriegsende mit deutschen Strafgefangenen fortgesetzt. Neben der staatlichen Domänenverwaltung war auch die „Hannoversche Gemeinnützige Ansiedlungsgesellschaft“ an der Aufsiedlung beteiligt. Unter anderem versuchte man ehemalige Kämpfer des Freikorps Kühme in der sogenannten „Jägerheide“ anzusiedeln. Diesem Versuch war aber nur wenig Erfolg beschieden. Die meisten Angehörigen der Einheit zogen wieder fort. Andere Siedler kamen aus dem deutschen Osten und zum Teil auch aus der näheren Umgebung. Da die Aufteilung der kommunalen Zuständigkeit für die neuen Siedler zwischen den Gemeinden Adelheidsdorf und Westercelle zu Schwierigkeiten führte, verfügte der Oberpräsident in Hannover am 4. Oktober 1923 die Bildung der politischen Gemeinde Großmoor im Lkr. Celle. Schon zum 15. Januar 1923 war in Großmoor eine Schule eröffnet worden, die zunächst in einer Baracke des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers untergebracht war. 1927 erhielt die Gemeinde ihr eigenes Schulgebäude. Im selben Jahr wurde auch ein Friedhof angelegt. 1930 zählte Großmoor 365 Einwohner.3 Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Ort durch Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen an. Dazu kamen in den Jahren 1952/53 umfangreiche Moorkultivierungsarbeiten, die auf 405 Hektar Land für Neusiedler schufen. In den folgenden Jahrzehnten verlor die Landwirtschaft an Bedeutung, die Bewohner verdienen ihren Lebensunterhalt heute überwiegend in Industrie, Verwaltung, Handel und Gewerbe in den Räumen Hannover und Celle. Im Zuge der Gemeindereform schlossen sich Anfang 1973 die Nachbargemeinden Großmoor und Adelheidsdorf sowie das ehemals Westerceller Gebiet südlich des Fuhsekanals zur neuen Gemeinde Adelheidsdorf zusammen (Ende 2017: 2.647 Einwohner), die ihrerseits mit den Gemeinden Wathlingen und Nienhagen die Samtgemeinde Wathlingen bildete.4

Kirche Großmoor, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Witt, Hannover, Oktober 1954

Kirche, Ansicht von Südosten, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1954

Die kirchlichen Verhältnisse mussten mit der Gründung der neuen Siedlung ebenfalls geregelt werden.5 Im Oktober 1921 wurde festgelegt, die neue Siedlung in die ev.-luth. KG in Nienhagen einzupfarren. Ab 1923 hielt der zuständige Nienhäger Ortspastor vierzehntägig Gottesdienste in der Großmoorer Schule.6 Eine Aufwertung der kirchlichen Arbeit in Großmoor bedeutete die Errichtung der KapG Großmoor zum 1. Januar 1928.7 Die KapG war weiterhin Teil der KG Nienhagen. Pläne für den Bau einer Kapelle kamen vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zu einem erfolgreichen Abschluss.8 Immerhin hatte im Jahr 1934 die KapG eine Bronzeglocke aus dem Jahr 1882 von der KG Wathlingen erworben, die jedoch erst nahezu zwei Jahrzehnte später für kurze Zeit ihren Einsatz haben sollte.9 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs versammelte sich die Gemeinde zum Gottesdienst zeitweilig in einer Gastwirtschaft.10 In den Jahren 1952/53 wurde auf einer Teilfläche des Friedhofs eine Kapelle erbaut, die am 1. August 1953 den Namen „Martinskapelle“ bekam.11 Im Jahr 1957 erhielt die Kapelle neben einem Taufstein aus Elmsandstein ihre erste Orgel, zwei Jahre später folgten die drei Glocken (Geläut eingeweiht am 8. Februar 1959).12

Kirche Großmoor, Blick zur Orgelempore, Teilansicht, Foto: Ernst Witt, Hannover, Oktober 1954

Kirche, Blick zur Orgelempore, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1954

Zum 1. April 1959 wurde die bisherige KapG in eine KG umgewandelt, die jedoch mit Nienhagen pfarramtlich verbunden blieb und keine eigene Pfarrstelle erhielt.13 Aus der Martinskapelle wurde eine Martinskirche.14 Die neue KG umfasste zu dieser Zeit allein das Gebiet der damaligen politischen Gemeinde Großmoor. Gut zwei Jahrzehnte später gaben die KG Nienhagen und Westercelle Gebiete an die KG Großmoor ab (Adelheidsdorf, Dasselsbruch, Müggenburg, Nienhorst).15 Nach der Erweiterung der Martinskirche um ein Gemeindehaus 1985 und dem Bau eines Pfarrhauses 1987 erhielt die KG zum 1. Januar 1988 eine eigene Pfarrstelle.16 Damit endete die pfarramtliche Verbindung mit Nienhagen. Erste Pastorin in Großmoor wurde Pn. Brigitte Hirschmann (amt. 1988–2002). Zum 1. August 2005 wandelte das Landeskirchenamt die Pfarrstelle in Großmoor in eine Dreiviertelstelle um.17

Umfang

Zunächst nur die Ortschaft Großmoor. Seit 1982 auch die politische Gemeinde Adelheidsdorf mit Dasselsbruch und Müggenburg (bislang KG Westercelle bzw. KG Nienhagen) sowie der Wohnplatz Nienhorst (bislang KG Nienhagen).18

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1959 zum KK Celle.

Kirchenbau
Kirche Großmoor, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, Oktober 1954

Kirche, Blick zum Altar, Foto: Ernst Witt, Hannover, 1954

Saalkirche aus Ziegeln mit seitlichen Anbauten im Osten, erbaut 1952/53 (Architekt: Uvo Hölscher, Hannover).19 Satteldach, über den Anbauten Walmdächer; an den Seiten des Schiffs je fünf kleine Rundbogenfenster, in der Westwand vier; Haupteingang an der Nordseite durch den Turm. Im Osten großes Rechteckfenster (Chorraum). Im Innern trapezförmige Decke mit sichtbaren Unterzügen; im Altarraum flache Decke; Westempore. 1966 drei schmale Rundbogenfenster in Ostwand mit Rechteckfenster ersetzt.20

Fenster

Im Altarraum rechteckiges Buntglasfenster mit Morgensternmotiv (1966, Peter Greve, Bissendorf). Zuvor drei Rundbogenfenster mit farbigem Glas.

Turm

Quadratischer Bau aus Ziegeln an der Nordwand der Kirche. Satteldach, von Kreuz bekrönt und Storchennest tragend; rechteckige Schallfenster; rundbogige Nische nach Norden mit Rechteckportal (Haupteingang).

Ausstattung

Schlichter Steinaltar. – Altarkruzifix (1953, Bronzeguss, Fritz Fleer, Hamburg). – Taufstein aus Elmsandstein (1957). – Niedrige Holzkanzel.

Kirche, Blick zur Orgel, um1957

Kirche, Blick zur Orgel, um 1957

Orgel

Anfangs Harmonium. 1957 Neubau durch Orgelbauer Herbert Kruse (Goldenstedt bei Oldenburg). 7 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Diese Orgel war aber von Anfang an mit schweren Fehlern behaftet.21 Darum schon 1961 Instandsetzung durch den Orgelbauer Lothar Wetzel (Hannover). 1966-68 weitere Instandsetzung durch Orgelbauer Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen), 7 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen wie beim ursprünglichen Werk Kruses.

Geläut

Drei LG, I: c’’ Sonntags-, Bet- und Sterbeglocke, Inschrift: „Gott gebe uns allen seiner Gnade Segen“; II: es’’ Mittags- und Trauglocke, Inschrift: „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“; III: f’’ Morgen- und Taufglocke, Inschrift: „Verleih uns Frieden gnädiglich“ (alle Bronze, Gj. 1959, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). – Früherer Bestand: eine LG (Bronze, Gj. 1882, Radler, Hildesheim), 1934 von der KG Wathlingen übernommen.22 Für Kriegszwecke abgeliefert und 1946 in Hamburg unversehrt wiedergefunden. Mit der Fertigstellung der Kapelle im Jahr 1953 im Turm aufgehängt und bis zur Beschaffung des heutigen Geläuts 1959 in Gebrauch. Weiterer Verbleib ungeklärt.

Weitere kirchliche Gebäude

Gemeindehaus als Anbau an die Kirche (Bj. 1985, Architekt: Hans-Dieter Grote, Seevetal).23 – Pfarrhaus (Bj. 1987).

Friedhof

Kommunaler Friedhof bei der Kirche, 1927 von der Regierung angelegt, 1931 von der politischen Gemeinde übernommen. 1958 der KG zur Verwaltung übergeben, 1962–64 erweitert. Seit 1975 in der Verwaltung der Samtgemeinde Wathlingen.

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 2 Witt Nr. 11 (Fotosammlung); S 11a Nr. 8158 (Findbuch PfA).
Taufen: ab 1959
Trauungen: ab 1959
Begräbnisse: ab 1959
Kommunikanten: ab 1959
Konfirmationen: ab 1959

Mutterkirche Nienhagen. Früher siehe Nienhagen.

Literatur

A: Helmke, Speicher, S. 574–578.
B: Matthias Blazek, Großmoor-Chronik eines hundert Jahre alten Dorfes, Adelheidsdorf 2014; Matthias Blazek, 50 Jahre Martinskirche in Großmoor – Festschrift zum Jubiläum, Adelheidsdorf 2003.


Fußnoten

  1. Zum Ganzen siehe Helmke, Speicher, S. 574 ff.; Blazek, Großmoor.
  2. Zur Gründung und Entwicklung von Adelheidsdorf siehe Helmke, Speicher, S. 568 ff.
  3. Blazek, Großmoor, S. 292.
  4. Zu diesem Prozess siehe Blazek, Großmoor, S. 437 ff.
  5. Zum Ganzen vgl. Blazek, Großmoor, S. 329 ff.; Blazek, Martinskirche, S. 7.
  6. Blazek, Martinskirche, S. 7.
  7. KABl. 1927, S. 85.
  8. Vgl. Blazek, Großmoor, S. 341 ff.; Blazek, Martinskirche, S. 9 f.
  9. Blazek, Martinskirche, S. 9 und 42; Blazek, Großmoor, S. 341.
  10. Blazek, Großmoor, S. 344 ff.; Blazek, Martinskirche, S. 10.
  11. Zum Ganzen siehe Blazek, Großmoor, S. 347 ff.
  12. Blazek, Martinskirche, S. 39 ff.; Blazek, Großmoor, S. 360 ff. und 419.
  13. KABl. 1959, S. 51.
  14. Blazek, Großmoor, S. 419.
  15. KABl. 1982, S. 16; Blazek, Großmoor, S. 420
  16. KABl. 1988, S. 15; Blazek, Großmoor, S. 421 f.
  17. KABl. 2005, S. 189.
  18. KABl. 1982, S. 16.
  19. Blazek, Martinskirche, S. 27.
  20. Blazek, Martinskirche, S. 49.
  21. Blazek, Martinskirche, S. 39 ff.; Blazek, Großmoor, S. 360 ff. und 419.
  22. Vgl. Blazek, Großmoor, S. 366.
  23. Blazek, Martinskirche, S. 57.