Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Leine-Solling | Patrozinium: Christus | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Ort an der Weser. Erscheint zuerst im 9. Jh. (Budinisvelt) in einer Schenkung Ludwigs des Frommen an das Kloster Corvey1 und fiel im 11. Jh. unter die Herrschaft der Gf. von Northeim, die auch die Vogteirechte für Corvey ausübten. Nach dem Tod des letzten Northeimer Gf. Siegfried IV. von Boyneburg (1144) veräußerten dessen Erben den größten Teil des Besitzes an Gf. Hermann II. von Winzenburg, der seinerseits 1152 ermordet wurde. Mit Erfolg reklamierte der Welfe Heinrich der Löwe das Erbe für sich und sicherte sich die Oberhoheit. Nach Heinrichs Sturz (1180) traten die Gf. von Dassel als Gefolgsleute der Staufer in die welfischen Rechte an der Oberweser und im Solling ein. Seit 1288 übten die Welfen wieder die Oberherrschaft aus. Bodenfelde wurde Teil des Fsm. Göttingen (Amt Nienover). 1437 verlieh Hzg. Otto der Einäugige dem Ort die Stadtrechte. Er kam aber bis ins 19. Jh. nicht über den Rang eines Ackerbürgerfleckens hinaus. Eine verhaltene Industrialisierung setzte nach der Eröffnung der Bahnstrecke Northeim–Ottbergen (1878) ein.

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1947

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1947

Eine erste Kirche, möglicherweise von Corvey aus als Missionskirche gegründet, wird schon im 11. Jh. bestanden haben. Der Ort Bodenfelde setzte sich zunächst aus zwei eigenständigen Siedlungen rechts und links des Reiherbachs zusammen. Ebf. Siegfried I. von Mainz (1060–1084) löste das linker Hand gelegene Bodenfelde aus dem Send der Pfarrkirche in Oedelsheim (jetzt hessisch) und unterstellte es der von ihm gegründeten Kirche in Lippoldsberg2, die auch anderweitig über Besitz (Land, Zehnte, Fischereirechte) in Bodenfelde verfügte. Der auf dem rechten Ufer gelegene Teil unterstand zunächst dem Kloster Corvey. Im 13. Jh. gelang es den Lippoldsberger Nonnen nach und nach ihren Besitz zu vermehren. Sie kauften auch dem verschuldeten Kloster Corvey seine Liegenschaften und Rechte in Bodenfelde einschließlich des Amtshofs und des Patronats über die Kirche ab (3. Dezember 1278). Über die Besitzübertragung kam es nachträglich zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Konventen, die am 3. März 1288 durch einen Vergleich entschieden wurde. Seit der ersten Hälfte des 15. Jh. war der Einfluss des Klosters Lippoldsberg rückläufig. Seine Rechte und sein Besitz fielen mit der Auflösung des Konvents im 16. Jh. an die Braunschweiger Hzg.
Als erster Geistlicher wird 1283 der Priester Andreas (sacerdos de Budenefelde) genannt.3 Die Reformation hielt 1542/43 mit der Durchführung im Fsm. Göttingen durch die im benachbarten Nienover residierende Hzgn. Elisabeth Einzug (Visitation des Amts Nienover durch Antonius Corvinus im Januar 1543)4, doch soll in Bodenfelde vorher ein ev. capellan Ripfkogel (als Tile Riepkogel noch 1550 zu Wahmbeck erwähnt) gewirkt haben.5 Sein (unmittelbarer?) Nachfolger war Konrad Hülsemann, ein früherer Mönch des Benediktinerklosters Liesborn, der infolge einer erneuten Visitation (20. März 1588) als angeblicher Calvinist abgesetzt und des Landes verwiesen wurde. – Von P. Georg Jakob Redecker (amt. 1745–1752) erschienen einige Predigten im Druck.
Im Kirchenkampf standen die Geistlichen auf der Seite der Bekenntnisbewegung. P. Gustav Behrens (amt. 1899–1938) war seit 1933 Mitglied der BK. Sein Nachfolger Heinz Wortmann (amt. ab 1938) war zwar seit 1931 Mitglied der NSDAP und zunächst auch DC-Mitglied gewesen, hatte sich aber 1934 ebenfalls der BK zugewandt. Bei der KV-Wahl von 1933 wurde eine geschlossene DC-Liste gewählt, doch haben sich die Mitglieder kirchlich bewährt. Kirchenkampf und Krieg hinterließen keine sichtbaren Spuren.
Am 1. Mai 2001 wurden die KG in Bodenfelde und Wahmbeck pfarramtlich verbunden.6 – Die Christuskirche wurde 2012 als Radwegekirche anerkannt.

Umfang

Der Flecken Bodenfelde mit der Papiermühle. 1863 wurde bisher zu Bodenfelde gehörige die Gipsstampfe in Polier nach Schönhagen umgepfarrt.7

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Höxter der Diözese Paderborn. – 1588 zur neu gebildeten Insp. Uslar (1716–38 mit Sitz in Lauenförde). Die Suptur. war ab 1738 vakant und wurde dem Sup. in Hardegsen unterstellt. 1748 wurde die Insp. Uslar endgültig mit der Insp. Hardegsen vereinigt. 1798 zur wieder errichteten Insp. (1924: KK) Uslar. Der KK Uslar ging am 1. Januar 2001 im KK Leine-Solling auf.

Patronat

Das Kloster Corvey, ab 1278 (3. Dezember) das Kloster Lippoldsberg (1289 fiel dafür das Patronat über die Martinikirche in Dransfeld an Corvey; erzbischöfliche Bestätigung 26. August 1290). Das Kloster Lippoldsberg übte das Patronatsrecht nachweislich noch 1553 aus. Nach Aufhebung des Klosters im 16. Jh. der Landesherr (bis 1871).8

Kirchenbau

Das mittelalterliche Kirchenschiff wurde im Mai 1853 abgebrochen und 1853/55 durch einen romanisierenden Neubau nach Entwurf des Landbaumeisters Friedrich Doeltz ersetzt (18. November 1855 eingeweiht). Dreischiffiger Sandsteinquaderbau zu sieben Achsen mit rundbogigen Sprossenfenstern, die beiden äußeren Fensterachsen zweigeteilt. Eingezogener 5/8-Chor. Westempore. Ausmalung des Chorjochs (Sternenhimmel). Fliegerschäden aus dem Zweiten Weltkrieg (Fenster der Südseite, Kirchendach) wurden nach dem Krieg behoben. Neugestaltung im Innern 1976. 2014 renoviert.

Fenster

Buntglasfenster im Chorraum, in der Mitte der segnende Christus; die beiden äußeren Fenster ornamental gestaltet (dat. 1912).

Turm

Der quadratische mittelalterliche Westturm aus Bruchsandstein (12. Jh.) war beim Neubau zunächst erhalten geblieben, brannte jedoch 1887 nach einem Blitzschlag nieder und wurde bis November 1888 wieder aufgebaut. Verschieferter Aufsatz mit Wichhäuschen/Seitengiebeln und einer achtseitigen Spitze. Bekrönung mit Kugel, Kreuz und Hahn. 2010 saniert.

Kirche, Blick zum Altar, um 1947

Kirche, Blick zum Altar, um 1947

Ausstattung

Kanzelaltar und pokalförmige Taufe der Erbauungszeit der Kirche. – Zwei Grabplatten des 17. Jh.

Orgel

Erbaut von Friedrich Wilhelm Euler (Gottsbüren), eingeweiht am 1. Mai 1856. Das Werk war nach dem Turmbrand von 1887 unbrauchbar und wurde wohl von Euler erneuert. 1917 Ausbau der Prospektpfeifen (durch Zink ersetzt). Vor 1937 um ein zweites Manual ergänzt auf 20 II/P. 1946/47 Instandsetzung durch Paul Ott (Göttingen). 1963/64 Renovierung und Erweiterung auf 22 II/P (HW, OW) durch Paul Ott (Göttingen); mechanische Traktur, Schleifladen. 1994 Renovierung durch Ingo Kötter (Göttingen).

Geläut

Drei LG in fis’, a’ und d’’ (alle Bronze, Gj. 2008, Glockengießerei Bachert, Karlsruhe). – Früherer Bestand: Nach einer Notiz von 1669 besaß die Kirche damals zwei Glocken und eine Schlaguhr.9 Beim Brand des Turms 1887 wurden die Glocken zerstört. 1888 drei neue LG geweiht, I: Inschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe“; II: Inschrift: „Friede auf Erden“; III: Inschrift: „Den Menschen ein Wohlgefallen“ (alle Bronze, Gj. 1888, Gebrüder Ulrich, Apolda).10 Im Ersten Weltkrieg wurde das Geläut zu Rüstungszwecken abgegeben. 1922 drei neue LG erworben, I: fis’, Inschrift: „Unter dem Druck der drängenden Not war Stahl für Bronze der Stunde Gebot“ und „Geg. v. Bochumer Verein Bochum 1922“; II: a’, Inschriften: „Den Toten läute ich Frieden und Ruh“ und „1921“; III: cis’’, Inschrift: „1921“ (alle Gussstahl, Gj. 1921 und 1922, Bochumer Verein); Glocken 2009 durch das jetzige Geläut aus Bronze abgelöst. Die Stahlglocken wurden auf dem Kirchhof aufgestellt.

Weitere kirchliche Gebäude

Das früher auf dem Kirchhof zur Weser hin befindliche Pfarrhaus ist 1631 beim Einfall der kaiserlichen Truppen niedergebrannt. Neues Pfarrhaus 1638 auf der Bleekstraße, 1670 vergrößert sowie 1686, 1698 und 1705 teilweise erneuert. Herbst 1799 weiterer Neubau.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1549 Tilemann Rippkogel. – 15..–1588 Konrad Hülsmann. – 1588–1589 (?) Wilhelm Rauch. – 1589–1624 Paulus Firens (Virens, Firlutius). – 1624–1640 Magister Johannes Thönen. – 1640–1643 Bernhardus Nicolaus Gotzius (Götze). – 1644–1667 Arnoldus Grünreuter. – 1667–1680 Johannes Cöler. – 1681–1704 Johannes Mylius. – 1705–1713 Johann Heinrich Mengershausen. – 1713–1745 Johann Ludwig Grahlen. – 1745–1752 Georg Jakob Redecker. – 1753–1774 Christian Friedrich Fuchs. – 1775–1798 Johann Christoph Bernhard Kellner. – 1798–1814 Johann Leonhard Gottlieb Schleicher. – 1814–1820 Johann Christoph Jakob Bethe. – 1820–1832 Wilhelm Ludwig Schmidt. – 1832–1836 Friedrich Wilhelm Streitwolf. – 1836–1847 Friedrich Ludwig Schulze. – 1848–1863 Georg Wilhelm von Sothen. – 1864–1892 Karl Friedrich Gustav Seelhorst. – 1893–1899 Karl Heinrich Friedrich Ludwig Stisser. – 1899–1938 Karl Gustav Behrens. – 1938–1956 Heinz Wortmann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 106–107, ebd. III, S. 11

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 1246–1261 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 952–960 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 259Digitalisat, 260Digitalisat, 261Digitalisat, 262Digitalisat, 263Digitalisat, 264Digitalisat (Visitationen); D 45 a (EphA Hardegsen-Uslar).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1705
Trauungen: ab 1705
Begräbnisse: ab 1705 (Lücken: 1733–1745)
Kommunikanten: ab 1783
Konfirmationen: ab 1818

Literatur

A: Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 234 f.; Kämmerer/Lufen, Denkmaltopographie Lkr. Northeim, S. 90.

B: Walter Junge: Chronik des Fleckens Bodenfelde. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bodenfelde 1983.


Fußnoten

  1. Desel, Kloster Lippoldsberg, S. 121-124.
  2. Desel, Kloster Lippoldsberg, S. 122 f.
  3. Junge, S. 60.
  4. Kayser, Kirchenvisitationen, S. 249, Am. 503.
  5. Junge, S. 66.
  6. KABl. 2001, S. 65.
  7. LkAH, D 45a, Spec. Bodenfelde 102.
  8. Meyer, Pastoren III, S. 11.
  9. Junge, S. 133.
  10. Junge, S. 215.