Sprengel Hannover, KK Grafschaft Schaumburg | Patrozinium: Godehard1 | KO: Schaumburger KO von 1614

Orts- und Kirchengeschichte

Beckedorf ist wohl eine Gründung aus sächsischer Zeit, erscheint urkundlich aber erst 1181 mit Ludolfus de Bikethorpe, der vermutlich der Verwalter eines Vorwerks des Mindener Domkapitels war. 1215 wird der Hof Beketorpe genannt. Zu den Grundherren gehörten die von Zerssen, die 1301 einen Hof in Beckedorf an das Kloster Loccum verkauften. Der Haupthof befand sich möglicherweise im Besitz der Gf. von Schaumburg, die nachher auch die Landesherrschaft ausübten. Bei der Teilung der Gft. Schaumburg 1647/48 fiel Beckedorf an den hessischen Teil und kam erst 1932 zur preußischen Provinz Hannover.

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1960

Kirche, Ansicht von Südwesten, um 1960

Beckedorf war ursprünglich Kapelle der KG. Lindhorst und bestand als solche wohl schon Mitte des 14. Jh. Als selbständige Pfarre ist es nicht vor dem 16. Jh. belegt. Es erscheint auch nicht in älteren Pfarrverzeichnissen des Archidiakonats Apelern. Vielleicht gehörte Beckedorf zu den sechs Pfarren, deren Pfründe sich im 16. Jh. im Besitz des Johann von Schaumburg befanden und von einem mercenarius versehen wurden. 1556 wurde ein solcher als Vizepleban nach längerer Vakanz wieder angestellt.2
Erste ev. Predigten wurden um 1551/52 im Anschluss an die Muttergemeinde Lindhorst gehalten. 1559 führte Gf. Otto von Schaumburg landesweit die Reformation ein. Nach dem Anfall an Hessen wurde das luth. Bekenntnis 1649 durch Lgfn. Amalie Elisabeth bestätigt. Erst im 17. Jh. wurde die Parochie endgültig verselbständigt und 1688 um die Ortschaft Riepen (vorher zu Groß Nenndorf), später auch das überwiegend erst nach 1640 entstandene Ottensen erweitert.

Kirche, Ansicht von Nordosten

Kirche, Ansicht von Nordosten

Von 1747 bis 1749 amtierte P. Carl Anton Dolle in Beckedorf, einer der bedeutendsten schaumburgischen Theologen des 18. Jh. und Verfasser zahlreicher Schriften. Er erhielt aber schon nach zwei Jahren einen Ruf als Pastor primus, Sup. und Konsistorialrat nach Stadthagen.3 Im 19. Jh. war die Gemeinde von der Erweckungsbewegung geprägt. Bei der Bildung des Gesamtkonsistoriums in Kassel schloss sich ein Teil der Separation an (jetzt zur Gemeinde St. Johannes der SELK in Rodenkirchen). In der NS-Zeit standen Pfarrer und Gemeinde der BK nahe.
Die Zahl der Gemeindeglieder stieg nach dem Zweiten Weltkrieg auf über 2.000 an (1957: 2.115, davon 1.200 in Beckedorf selbst, der Rest in den Außendörfern Ottensen und Riepen). Zur ursprünglich bäuerlichen Bevölkerung waren schon vor dem Krieg zunehmend Industriearbeiter und Bergleute des Beckedorfer Kohlebergwerks und des Kalischachts in Empelde getreten.4 Seit 2002 besteht ein Förderkreis zur Erhaltung der vollen Pfarrstelle. Die 2005 gegründete Godehardi-Stiftung unterstützt die kirchengemeindliche Arbeit, die Unterhaltung der kirchlichen Gebäude und sozialdiakonische Maßnahmen.
Eine Partnerschaft besteht mit der KG Lichtenstein in Sachsen.

Umfang

Beckedorf mit dem Chausseehaus, Riepen (ohne das adelige Gut), Ottensen.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Apelern der Diözese Minden. – Nach dem Übergang an Kurhessen 1647 zur Klasse Obernkirchen der Diözese in Rinteln/KK Schaumburg. 1. April 1937 Umgliederung in die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, KK Grafschaft Schaumburg.5

Patronat

Der Landesherr (bis 1918).

Kirchenbau
Kirche, Grundriss, Zeichnung: H. Siebern, 1905

Kirche, Grundriss, Zeichnung: H. Siebern, 1905

Das alte KapGb wurde 1394 durch einen Anbau erweitert und darüber in der ersten Hälfte des 15. Jh. der Turm errichtet. 1470/73 wurde das Schiff erneut vergrößert. Nach einem weiteren Anwachsen der Bevölkerung entstand 1740 das heutige barocke Kirchenschiff (verputzter Bruchsteinsaalbau mit Eckquaderung unter einem im Osten abgewalmten Satteldach; Datierung auf dem Schlussstein über dem Ostportal), zunächst in Querausrichtung mit Altar an der Südseite und Emporen an der West-, Nord- und Ostseite. Mit der Aufstellung des Kanzelaltars vor der Ostempore (1794) wurde die Ausrichtung zur Längskirche geändert. Der Innenraum mit einer flachen Holztonnendecke geschlossen. 1863 und 1934 renoviert (Abbruch der Nordempore und Neubau einer Südempore).

Turm

Westturm aus verputztem Bruchsteinmauerwerk, im Kern noch mittelalterlich (wohl zweite Hälfte 15. Jh., sichtbare Kreuzgewölbe im Turmunterbau). Kupfergedecktes Zeltdach; Bekrönung durch Kugel, Kreuz und Hahn. Gedenkstätte für die Kriegsgefallenen in der Turmhalle.

Ausstattung

Barocker Kanzelaltar (1794). – Sandsteintaufe mit Kupferdeckel und Messingschale (1230).

Orgel, 1978

Orgel, 1978

Orgel

Ältere Orgelbauten von 1772 (auf der Ostempore) und 1887. 1934/35 Neubau unter Wiederverwendung von Teilen des alten Pfeifenmaterials und des Gehäuses durch Faber & Greve (Salzhemmendorf), 17 II/P. War Ende der 1960er Jahre abgängig. Anstelle ihrer beschaffte die Firma Hammer 1970 als Interimsinstrument eine gebrauchte, wohl um 1940 erbaute Orgel der Firma Kemper (Lübeck) mit 7 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1978 folgte der Neubau durch die Firma Emil Hammer (Arnum), 15 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; 1994 um drei Reg. erweitert.

Geläut

Drei LG, I: as’ (Bronze, Gj. 1973, Gebrüder Rincker, Sinn); II: b’ (Bronze, Gj. 1448, „Nikolaus“); III: des’’ (Bronze, Gj. 1973, Gebrüder Rincker, Sinn). – Eine SG in es’’ (Bronze, 14. Jh., in einem Ausleger am Turmhelm). – Früherer Bestand: Eine Glocke von 1652 (Ludolf Siegfried, Hannover) wurde im Ersten Weltkrieg abgeliefert und durch eine Eisengussglocke der Firma Ulrich & Weule in g’ (Gj. 1923) ersetzt (seit 1973 vor der Südseite des Turms aufgestellt). Eine weitere Glocke wurde im Zweiten Weltkrieg abgegeben.

Weitere kirchliche Gebäude

1929/30 hatte die Gemeinde an Stelle des abgebrochenen Vorgängerbaus von 1754 ein neues Pfarrhaus errichten lassen. Für die Gemeindearbeit entstand 1954 ein Gemeindehaus, das später den Anforderungen aber nicht mehr genügte. 1983/84 wurde die (um 1815 errichtete) denkmalgeschützte Pfarrscheune zum Gemeindehaus umgebaut.

Friedhof

Ein Friedhof in Beckedorf ist schon 1320 belegt (in Bekedorpe prope cymiterium6). Ursprünglich bei der Kirche; später verlegt. Der heutige Begräbnisplatz am östlichen Ortsrand (Riepener Straße) wurde 1935 erweitert.7 Er befand sich zunächst im Eigentum der politischen Gemeinde, wurde aber von der KG. verwaltet. 1965 wurde er der KG übereignet, die darauf 1966/67 eine FKap errichten ließ. – Ottensen erhielt 1963 einen eigenen kommunalen Friedhof.

Liste der Pastoren (bis 1940)

Um 1618 (1625) Ludolf Dickmann. – Vor 1650–1670 Henrich Deichmann. – 1670–1680 Henrich Ernst Fischhaupt. – 1680–1718 Georg Christoph Leisemann. – 1718–1726 Dietrich Stumbeke. – 1727–1747 Hermann Gerhard Schulze. – 1747–1749 Karl Anton Dolle. – 1749–1761 Christian Theodor Schmidt. – 1762–1766 Johann Engelbert Cruel (Cruell). – 1767–1792 Michael Friedrich Hintze (Hinze). – 1792–1801 Gottlieb Hieronymus Werner Heusinger von Waldegge. – 1801–1803 Johann Friedrich Gottfried Wigand. – 1803–1810 Georg Ernst Hassenkamp. – 1811–1828 Johann Karl Justus Vordemann. – 1829–1843 Johann Karl Franz Sander. – 1843–1864 Reinhard Daniel Faust. – 1864–1868 Philipp Wilhelm Fromme. – 1868–1872 Eberhard August Friedrich Schilling. – 1873–1876 Friedrich Niemeyer. – 1876–1913 Karl Christian Theodor Wilhelm Korff. – 1913–1928 Heinrich Friedrich Hecht. – 1929– Heinrich Friedrich Karl Wessel.
Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 73–74

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 13 (Kirchenverwaltung der Gft. Schaumburg); D 34 a (EphA Rinteln); D 34b (Metropolitan der Klasse Oberkirchen).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1650 (Lücken: 1651, 1652, Juni 1760-Okt. 1766)
Taufen: ab 1650 (Lücken: 1651, 1652, Juni 1760–Okt. 1766)
Trauungen: ab 1650 (Lücken: 1651, 1652, Juni 1760–Okt. 1766)
Begräbnisse: ab 1650 (Lücken: 1651, 1652, Juni 1760–Okt. 1766)
Kommunikanten: ab 1846 (Lücken: 1848–1852, 1874–1903)
Konfirmationen: ab 1674 (Lücken: 1683, 1687, 1688, 1691, 1692, 1694, 1708, 1710–1717, 1727, 1730, 1759, 1761–1765, 1770)

Literatur

A: Bach, Kirchenstatistik, S. 472–474; Husmeier, Ortsverzeichnis Schaumburg, S. 64–68; Siebern, BKD Kr. Schaumburg, S. 30 f.; Mooyer, Gft. Schaumburg, S. 35 f.; Paulus, Nachrichten, S. 85–96; Ritter, Kirchliches Hdb., S. 172 f.
B: Wilhelm Steege: Chronik des Dorfes Beckedorf, [Rinteln/Stadthagen 1982].


Fußnoten

  1. Aber: Nikolaus als Glockeninschrift nach Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 87.
  2. Bach, Kirchenstatistik, S. 474.
  3. Paulus, Nachrichten, S. 88–93.
  4. LkAH, L 5a, Nr. 45 (Beckedorf, Visitation 1957, Visitationsfragen V.14).
  5. KABl. 1937, S. 85–88.
  6. Cal. UB III, Loccum, Nr. 694.
  7. LkAH, L 5a, Nr. 45 (Beckedorf, Visitation 1951, Visitationsfragen VI.20).