Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Rhauderfehn | Patrozinium: Frieden (seit 1990) | KO: Ostfriesische KO von 1716
Orts- und Kirchengeschichte
Das Kirchspiel Ockenhausen bestand ursprünglich aus fünf Fehnsiedlungen, die im späten 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jh. gegründet worden waren: Oltmannsfehn und Ockenhausen (beide 1813), Meinersfehn (1773), Neudorf (nachgewiesen 1842) und Stapel (1804).1 Die neuen Ansiedlungen lagen im Gebiet des Amtes Stickhausen, das seit 1744 zum Kgr. Preußen zählte. In französischer Zeit gehörten die Dörfer des Kirchspiels ab 1807 zum Kgr. Holland und 1810 bis 1813 zum Kaiserreich Frankreich (Département Ems-Oriental, Arrondissement Emden, Kanton Stickhausen). Im Jahr 1813 kamen sie wieder zum Amt Stickhausen, zunächst im Kgr. Preußen, ab 1815 im Kgr. Hannover und nach der Annexion Hannovers 1866 erneut im Kgr. Preußen. Ab 1852 gehörte das Kirchspiel Ockenhausen zum kurzlebigen Amt Remels, das bereits 1859 wieder im Amt Stickhausen aufging. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehören die Kirchspieldörfer zum Lkr. Leer und seit 1973 zur Gemeinde Uplengen. Zur sozialen Struktur der Gemeinde schrieb der Ortspfarrer 1951: „Meist Bauernbevölkerung, dazu Moorarbeiter, Handwerker, Kaufleute“.2 Im Jahr 1821 lebten in den fünf Fehnsiedlungen insgesamt gut 140 Menschen, 1905 rund 730, 1946 knapp 1.430 und 1970 etwa 1.650. Auch Bentstreek im Lkr. Wittmund zählt seit seiner Gründung 1931 zum Kirchspiel.3 Im gesamten Gebiet des Kirchspiels lebten 1951 etwa „2.200 Seelen“.4
Die Bevölkerung der fünf Fehnsiedlungen Ockenhausen, Oltmannsfehn, Meinersfehn, Neudorf und Stapel waren bis zur Bildung der KG Ockenhausen in keine Kirchengemeinde eingepfarrt. Die Versorgung der Moorsiedlungen oblag dem Pfarrer des Kirchspiels Uplengen.5 Die KG Ockenhausen gründete sich zum 6. Dezember 1897 und war eine Tochtergemeinde der KG Uplengen: Sie erhielt noch keine Pfarrstelle, sondern eine Pfarrkollaboratur (Hilfsgeistlichenstelle).6 Als erster Pastor wirkte P. Johann Dietrich Müller (amt. 1898–1901) in Ockenhausen; der 1898 gewählte KV setzte sich aus je einem Kirchenvorsteher aus den fünf Dörfern zusammen. Zum Gottesdienst versammelte sich die Gemeinde zunächst im Schulhaus. Im September 1899 wurde der Grundstein für das „Pastorenhaus mit angeschlossenem Betsaal“7 gelegt und schon im Juli 1900 konnte die Gemeinde ihre kleine Kirche einweihen. Die 1899 gegossene Glocke hing in einem hölzernen Glockenstuhl neben dem Kirchengebäude. Bereits im Februar 1900 hatte sich ein Posaunenchor gegründet, 1908/09 folgte der Kirchenchor.8 1906 vergrößerte sich das Gemeindegebiet mit der Eingemeindung von Teilen der Dörfer Großoldendorf, Großsander, Poghausen und Spols (bislang KG Uplengen).9 Sowohl 1907 als auch 1909 beantragte die KG Ockenhausen beim Auricher Konsistorium die Einrichtung einer eigenen Pfarrstelle und damit die Abtrennung von der KG Uplengen. Verwirklicht wurde diese Verselbständigung der Gemeinde schließlich zum 1. Januar 1912.10 Damit endeten auch die häufigen Wechsel im Pfarramt: Zwischen 1898 und 1911 wirkten nacheinander fünf Pfarrer in Ockenhausen, zwischen 1912 und 2008 wiederum fünf.
P. Wilhelm Wübbena (amt. 1916–1950) gehörte während der NS-Zeit weder der NSDAP noch den DC an, wie er 1946 rückblickend im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ angab. Der 1933 neu gewählte KV setzte sich „aus Parteigenossen bezw. teilweise aus deutsch. Christen“ zusammen; wohl „im Jahre 1935, predigte hier auf Wunsch von Kirchenvorstehern Pastor [Heinrich] Meyer aus Aurich“, wesentlicher Protagonist der DC in Ostfriesland. Der KV habe sich jedoch „kirchlich in befriedigender Weise bewährt“.11
In die Amtszeit von P. Wilhelm Soeken (amt. 1950–1979), einem „erwecklich-missionarisch“ geprägten Theologen, der anfangs den „Kreisen der landeskirchlichen Gemeinschaft nahe“ stand, fiel der Bau des Kirchturms (1953/54) und des Gemeindehauses (1960).12 Ende der 1980er Jahre konnte die Gemeinde schließlich die seit Ende der 1970er Jahre geplante Sanierung und Erweiterung der Kirche verwirklichen: An Stelle der kleinen Rechteckapsis erhielt die Kirche einen polygonalen Chor mit fünf farbig gestalteten Rundbogenfenstern.13 Seit 1990 trägt die Gemeinde den Namen „Ev.-luth. Friedenskirchengemeinde Ockenhausen“.
Umfang
Bei Gründung der KG 1897 die Ortschaften Ockenhausen, Oltmannsfehn, Stapel, Meinersfehn und Neudorf. Seit 1906 zudem Teile der Ortschaften Groß Oldendorf, Groß Sander, Poghausen und Spols (vorher KG Uplengen).14 Seit 1928 auch das Gebiet des späteren Bentstreek.15
Aufsichtsbezirk
Mit Gründung der KG 1897 zur 5. luth. Insp. in Ostfriesland (1924: KK), Sitz der Suptur. in Potshausen, seit 1946 in Rhaude. KK Potshausen 1974 umbenannt in KK Rhauderfehn und Amt des Sup. mit der ersten Pfarrstelle der KG Westrhauderfehn verbunden.16
Kirchenbau
Schlichter Rechteckbau mit polygonalem Chor, ausgerichtet nach Nordosten, erbaut 1899–1900 (Architekt: Fehnmeister Theodor van Dieken), Chor erbaut 1988–90 (Architekt: Bernd Hillrichs, Leer-Loga).17 Satteldach, über dem Chor abgewalmt; Backsteinmauerwerk; an den Längsseiten rundbogige Fenster und Strebpfeiler; am Chor schmale Rundbogenfenster. Im Innern trapezförmige, holzverschalte Decke im Schiff, im Chor holzverschaltes Gewölbe; L-förmige Empore. 1902 Mauerwerks- und Dachsanierung (Feuchtigkeitsschäden).18 1988–90 Sanierung und Erweiterung der Kirche (u. a. Dach- und Dachstuhlerneuerung, Mauerwerkssanierung, neuer Chorraum, neue Empore, neue Ausstattung im Altarraum).19
Fenster
Im Chorraum fünf künstlerische gestaltete Buntfenster (1988/90, Max Herrmann, Oldenburg).
Turm
Im Südwesten Turm aus Ziegelmauerwerk, erbaut 1953/54 (Architekt: Gerhard Scheckermann). Verkupfertes Zeltdach, bekrönt mit Kugel und Kreuz; Rechteckige Schallfenster; Portal nach Südwesten. 1988–90 ursprüngliches Rundbogenportal im Nordwesten geschlossen und neues Portal angelegt, Turm mit Kupferplatten eingedeckt. Von 1900 bis 1954 stand neben der Kirche ein hölzerner Glockenstuhl.
Ausstattung
Schlichter, gemauerter Blockaltar aus Formsteinen (1988/90). – Niedrige, gemauerter Kanzel aus Formsteinen. (1988/90) – Achteckige, gemauerter Taufstein aus Formsteinen (1988/90). – Figur „Einladender Christus“ (nach Bertel Thorvaldsen), ursprünglich Teil des Altarretabels. – Frühere Ausstattung: Hölzernes Altarretabel aus drei mit Dreiecksgiebeln bekrönten Nischen (1908), in der mittleren Nische Christusfigur nach Bertel Thorvaldsen, in den seitlichen Nischen Apostelbilder nach Albrecht Dürer. – Pokalförmige Taufe, achteckiges Becken auf achteckigem Schaft. – Hölzerner, leicht erhöhte Kanzel, zeitweise mit Schalldeckel (ab 1908).
Orgel
Zunächst Harmonium. 1916 Orgel angeschafft. Neue Orgel 1922, erbaut von Firma Furtwängler & Hammer (Hannover), 6 II/P, pneumatische Traktur (Röhrenpneumatik), Taschenladen (Opus 918).20 Orgelneubau 1971, ausgeführt von Alfred Führer (Wilhelmshaven), 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.
Geläut
Zwei LG, I: gis’ (Stahl, Gj. 1899, Bochumer Verein); II: h’ (Stahl, Gj. 1954, Bochumer Verein).
Weitere kirchliche Gebäude
Pfarrhaus (Bj. 1980, Vorgängerbau: Bj. 1899). – Gemeindehaus (Bj. 1960, erweitert 1984).
Friedhof
Kirchlicher Friedhof in Poghausen. Kommunale Friedhöfe in Bentstreek, Neudorf, Meinersfehn, Stapel und Oltmannsfehn.
Liste der Pastoren (bis 1940)
1898–1901 Johann Dietrich Müller. – 1901–1906 Paul Voß. – 1906–1909 Karl Georg Doden. – 1909–1912 Friedrich Stockstrom. – 1912–1913 Sibo Marcus Siuts. – 1914–1916 Johann Anton Jodokus Feltrup. – 1916– Wilhelm Hermann Wübbena.
Angaben nach: Meyer, Pastoren II, S. 220
Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)
A 5 Nr. 753, 758 (Spec. Landeskons.); A 8/Ockenhausen Nr. 328 (CB); A 12d Nr. 414, 632, 754 (GSuptur. Aurich); D 107 (EphA Potshausen); L 5i Nr. 64, 191–192 (LSuptur. Aurich); S 9 Nr. 1855 (Presseauschnittsammlung); S 11a Nr. 7032 (Findbuch PfA).
Kirchenbücher
Taufen: ab 1898
Trauungen: ab 1898
Begräbnisse: ab 1898
Kommunikanten: ab 1898
Konfirmationen: ab 1899
Früher siehe Uplengen.
Literatur
A: Meyer, Pastoren II, S. 220; Otte/Rohde, Ostfriesland II, S. 481–482.
B: Gernot Heitmann, Heinrich Janßen und Joachim Opitz: 100 Jahre Kirchengemeinde Ockenhausen. Festschrift zum Kirchenjubiläum (auch: Christus ist unser Frieden. Festschrift zum 100jährigen Kirchenjubiläum der ev.-luth. Friedensgemeinde Ockenhausen), Leer 1998; Heinrich Janssen und Joachim Opitz: Kirche zu Ockenhausen. 1897. 1988–1990. Entstehung – Erweiterung – Erneuerung. Die Geschichte des Kirchenbaus, Uplengen-Remels 1990.
GND
6034275-4, Evangelisch-Lutherische Friedensgemeinde (Ockenhausen)
Website der Kirchengemeinde (06.01.2020)
Fußnoten
- Vgl. die (unfertigen) Artikel zu Oltmannsfehn, Meinersfehn, Neudorf und Stapel in der Historischen Ortsdatenbank für Ostfriesland, 06.01.2020.
- LkAH, L 5i, Nr. 64 (Visitation 1951).
- KABl. 1928, S. 27 f. Das domänenfiskalische Siedlungsgebiet gehörte politisch zum Friedeburger Wiesmoor, zu Marx und zum Gutsbezirk Stapelermoor; die Kultivierung hatte 1915 begonnen, die Besiedlung 1931.
- LkAH, L 5i, Nr. 64 (Visitation 1951).
- Zur Gründungsgeschichte der KG Ockenhausen vgl. Heitmann, Janßen & Opitz, S. 15 ff.
- KABl. 1898, S. 12 f.
- Janssen & Opitz, S. 10.
- Heitmann, Janßen & Opitz, S. 99 ff. und S. 118 ff.
- KABl. 1906, S. 123.
- KABl. 1911, S. 120.
- Alle Zitate: LkAH, S 1 H III Nr. 1017, Bl. 13. Hinsichtlich seiner kirchenpolitischen Position fügte P. Wübbena zudem an: „der Bekenntnisgemeinschaft d. ev.-luth. Landeskirche Hannovers angegliedert seit Nov. 37“. Allgemein zum Fragebogen: Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
- Heitmann, Janßen & Opitz, S. 64; LkAH, L 5i, Nr. 64 (Visitation 1951). Vgl. auch LkAH, L 5i, Nr. 191 (Visitation 1959): „Grundsätzlich bin ich theologisch so eingestellt, dass ich zu einem biblisch-reformatorischen Pietismus, etwa im Sinne von L[udwig] Harms, froh Ja sagen muss.“
- LkAH, B 2 G 9/Ockenhausen Bd. II, Bl. 166 ff. und 259 ff.; Janssen & Opitz, S. 25 ff.
- KABl. 1906, S. 123.
- KABl. 1928, S. 27 f.; 100 Jahre, S. 77 ff.
- KABl. 1974, S. 253; KABl. 1975, S. 102.
- Zur Baugeschichte vgl. Heitmann, Janßen & Opitz, S. 84 ff., Janssen & Opitz, S. 10 ff.
- Heitmann, Janßen & Opitz, S. 87.
- LkAH, B 2 G 9/Ockenhausen Bd. II, Bl. 259 ff.
- Pape/Schloetmann, Hammer, S. 132.