Frühere Gemeinde | KapG der KG Wennigsen | Sprengel Hannover, KK Ronnenberg | Patrozinium: Johannes (1989) | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist das Dorf erstmals in einer undatierten Urkunde des Bf. von Minden als Sutrem bzw. Sutherem erwähnt; die Urkunde wird auf die Zeit zwischen 1121 und 1140 datiert.1 Sorsum lag im sächsischen Marstemgau und zählte später zum Go Gehrden, der im 12. Jh. Teil des Herrschaftsbereichs der Gf. von Roden war.2 Im 13. Jh. kam das Gebiet an die Gf. von Schauenburg (später Schaumburg), im 14. Jh. an die welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg. Seit 1432 gehörte Sorsum zum welfischen Teilfsm. Calenberg (1495: Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover) und dort zur Großvogtei bzw. zum Amt Calenberg.3 Die niedere Gerichtsbarkeit über das Dorf lag allerdings beim Kloster Wennigsen (geschlossenes Untergerichts des Klosters Wennigsen im Amt Calenberg).4 1673 zerstörte ein Dorfbrand fast alle Häuser in Sorsum.5 In französischer Zeit gehörte Sorsum von 1810 bis 1813/14 zum Kgr. Westphalen (Kanton Gehrden, Distrikt Hannover, Departement der Aller). Danach zählte das Dorf, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Calenberg und seit 1817 zum neuen Amt Wennigsen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Wennigsen 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte der Ort zum Lkr. Linden, der 1932 im Lkr. Hannover aufging (2001: Region Hannover). 1970 wurde das Dorf nach Wennigsen eingemeindet. Um 1813 lebten gut 165 Menschen in Sorsum, 1905 knapp 265, 1955 fast 430 und 2021 etwa 590.
Kirchlich gehört Sorsum bereits in vorref. Zeit zur Parochie Wennigsen. Ein Baujahr der Kapelle ist nicht überliefert, sie wurde vermutlich im 13. Jh. errichtet. Die kleine Glocke der Kapelle wurde um 1300 gegossen. Urkundliche Erwähnungen der Kapelle sind aus vorref. Zeit nicht überliefert.6
Zusammen mit der Muttergemeinde und dem Kloster Wennigsen wechselte Sorsum 1543 zur luth. Lehre, als Hzgn. Elisabeth von Calenberg-Göttingen († 1558) die Reformation im Fsm. Calenberg einführte. 1591 soll die Kapelle als filia (Tochtergemeinde) von Wennigsen belegt sein.7 Seit den 1660er Jahren hielt der Sorsumer Schulmeister eine wöchentliche Betstunde in der Kapelle; das Kapital, aus dem Lehrer seine Bezahlung erhielt, hatten der Sorsumer Erich Zisenisen und die Wennigser Domina Clara von Jeinsen gestiftet.8 Das erste Schulhaus wurde um 1680 erbaut, der erste namentlich bekannte Lehrer war Schulmeister Sölter († 1688).9
Nach dem Dorfbrand von 1673 fand in der Kapelle Sorsum – eines der wenigen Gebäude, die das Feuer überstanden hatten – jedes Jahr am Dienstag in der Woche nach Ostern ein Brandgottesdienst statt (bis 1890).10 Die Bauunterhaltung der Kapelle oblag den vier Pächtern des Kapellenlandes („Kapellenmeier“), die zum Ausgleich keinen Pachtzins zu zahlen hatten.11 Bei einer größeren Reparatur 1764 und erneut 1860 kam es zu Auseinandersetzungen, da die vier Beibauern die Kosten nicht tragen konnten. Sie einigten sich mit dem Kapellen- und Schulvorstand daher 1860 auf eine Ablösung ihrer Pflichten, seither trug die Realgemeinde die Baulast. Im Jahr 1905 beschloss die politische Gemeinde zum einen, das Eigentum an der Kapelle der Kapellengemeinde zu übertragen und zum anderen, dass „die Lasten der Kapelle künftig auf den Etat der politischen Gemeinde übernommen werden sollen“.12
In der ersten Hälfte des 20. Jh. fanden in der Sorsumer Kapelle jährlich zwei Abendmahlsgottesdienste statt (Frühjahr und Herbst).13 1937 waren zudem im Winter monatlich zwei Bibelstunden üblich sowie ein Nachmittagsgottesdienst an Erntedank und einer am Volkstrauertag (Sonntag Reminiscere). In der Nachkriegszeit stieg die Zahl der Gottesdienste: 1951 alle drei bis fünf Wochen, 1959 alle zwei Wochen.14 Im Jahr 1989 erhielt die Kapelle den Namen Johanneskapelle.
Zum 1. Januar 2009 löste sich die KapG Sorsum auf; Rechtsnachfolgerin ist die KG Wennigsen.15 Ein Jahr später gründete sich die Johannesstiftung Sorsum, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Sorsumer Kapelle baulich zu erhalten, den Kapellengarten zu pflegen und die Gemeindearbeit in Sorsum sicherzustellen.

Kirchenbau

Kleiner Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss, ursprünglich erbaut wohl im 13. Jh., im 19. und 20. Jh. stark verändert. Satteldach, über dem Chor abgewalmt. Bruchsteinmauerwerk, Strebepfeiler am Chor. An den Längsseiten je zwei Spitzbogenfenster, nach Osten gekuppeltes Fenster mit zwei Spitzbögen, vermauerte Rechteckfenster. Im Innern flache Balkendecke. 1904 Instandsetzung, u. a. spitzbogiger Eingang an Südseite geschlossen, wohl Rechteckfenster an den Schrägseiten des Chors geschlossen, rundbogige Fenster an der südlichen Längsseite durch spitzbogige ersetzt. 1965/66 Sanierung, u. a. Dach neu gedeckt, Kirchenbänke durch Stühle ersetzt. 2022 Außen- und Innensanierung.

Fenster

Buntglasfenster nach Osten (1965/66).

Turm

Vierseitiger Westturm, erbaut 1904 (vorher Dachreiter). Vierseitiger, verschieferter Pyramidenhelm, bekrönt mit Kugel, Wetterfahne und Kreuz, Uhrerker nach Norden und Süden, Auslegestuhl für Uhrschlagglocke nach Westen. Bruchsteinmauerwerk, im Glockengeschoss je ein gekuppeltes Schallfenster mit drei Spitzbögen nach Norden, Süden und Westen, im Geschoss darunter jeweils ein Spitzbogenfenster, im Erdgeschoss Spitzbogenfenster nach Süden und Westen, spitzbogiges Portal nach Norden. 1904 Turmuhr. 1979 Turmsanierung.

Ausstattung

Steinerner Blockaltar. – Lesepultartige Kanzel (1965/66). – Schlichter Taufstein (1965/66), quaderförmige Stele mit eingezogenem Fuß. – Zwei fragmentarische Holzfiguren (15. Jh.), mit Resten der Farbfassung. – Hölzerne Namenstafel (1925), Inschrift: „Zu Ehren Unserer Helden Im Kampfe Fürs Vaterland 1914–18. Gemeinde Sorsum“ sowie zwölf Namen. – Ehemalige Ausstattung: Neugotisches Altarretabel (1904).16

Orgel

1904 Harmonium angeschafft. 1966 neues Harmonium gestiftet.17 1974 kleine Orgel angeschafft, erbaut von Firma Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen, ein weiteres Register vakant. 1976 erweitert auf 6 I/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, es’’ (Bronze, Gj. 1903, Firma Radler, Hildesheim), Inschrift: „Die Lebendigen rufe ich, die Toten beklage ich“. Eine SG, h’’ (Bronze, um 1300), gotische Form, ohne Inschrift, diente ursprünglich als LG.

Friedhof

Ehemaliger Friedhof bei der Kapelle.18

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 2049 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7015 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Hannig, Denkmaltopographie Lkr. B: Fritz Garbe: Kirchengemeinde und Kloster Wennigsen im Wandel der Zeiten, Hildesheim 1965, bes. S. 137–144; Fritz Gevecke: Chronik des Dorfes Sorsum zur 850-Jahrfeier. 1130–1980, Sorsum 1982, bes. S. 222–245.

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. Westfälisches UB I, Nr. 189. Für weitere Belege und zum Ortsnamen vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 413 f.
  2. Vgl. zum Folgenden Spieß, Calenberg, S. 10 ff. und S. 57 ff.
  3. Zur Teilung von 1432 vgl. Pischke, Landesteilungen, S. 137 ff.; das 1432 entstandene Fürstentum hatte zunächst keinen Namen und hieß erst später Calenberg.
  4. Spieß, Calenberg, S. 70.
  5. Gevecke, S. 44.
  6. Die vermeintliche urkundliche Nennung der Kapelle (als „copela“) im Jahr 1226 beruht auf einem Missverständnis: Die entsprechende Urkunde erwähnt lediglich „in Lemmie […] eine Wiese, die Copela genannt wird“ (in lemmede […] prato que copela vocatur), vgl. Cal. UB VII, Nr. 2; siehe auch Gevecke, S. 222.
  7. Gevecke, S. 222.
  8. Garbe, S. 140 f. Zur Schule siehe auch Gevecke, S. 205.
  9. Nach Garbe, S. 143, wurde Sölter 1627 geboren, war 25 Jahre Lehrer in Sorsum und starb 1688. Nach Gevecke, S. 207, war Sölter von 1627 bis 1688 Lehrer in Sorsum.
  10. Gevecke, S. 44.
  11. Vgl. LkAH, B 2 G 9, Nr. 2793, Bl. 131 und 124 ff. (Zur Unterhaltsverpflichtung an der Kapelle Sorsum (Kirchengemeinde Wennigsen, 31. Oktober 1985). Siehe auch: Garbe, S. 137 (wortgleich bei Gevecke, S. 226).
  12. Gevecke, S. 240; LkAH, B 2 G 9, Nr. 2793, Bl. 57. Nach Gevecke, S. 235, ist seit der Eingemeindung Sorsums im Jahr 1970 die politische Gemeinde Wennigsen für die äußere Instandhaltung der Kapelle zuständig.
  13. LkAH, L 5a, Nr. 1438 (Visitation 1937).
  14. LkAH, L 5a, Nr. 1438 (Visitationen 1951 und 1959).
  15. KABl. 2009, S. 14 f.
  16. Abbildung: Garbe, Abb. 27.
  17. Gevecke, S. 229.
  18. Gevecke, S. 42 und S. 222.