KapG der KG Gehrden | Sprengel Hannover, KK Ronnenberg | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist der Name des Dorfes erstmals 1181 als Personenname überliefert: Wolcwinus de Redesen erscheint in der Zeugenliste einer Urkunde des Mindener Bischofs.1 1230 erwarb das Kloster Wennigsen den decimam in Reddessen (Zehnten in Redderse).2 Im 13./14. Jh. entwickelte sich das Kloster zum „größten Grundherrn“ in Redderse.3 Redderse lag im Go Gehrden, der im 12. Jh. Teil des Herrschaftsbereichs der Gf. von Roden war.4 Im 13. Jh. kam das Gebiet an die Gf. von Schauenburg (später Schaumburg), im 14. Jh. an die welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg. Seit 1432 gehörte Redderse zum welfischen Teilfsm. Calenberg (1495: Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover) und dort zur Großvogtei bzw. zum Amt Calenberg. Von 1810 bis 1813/14 war Redderse Teil des Kantons Gehrden im Distrikt Hannover des Allerdepartements im französischen Satellitenkgr. Westphalen. Danach zählte Redderse, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Calenberg und ab 1817 zum neuen Amt Wennigsen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Redderse 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte der Ort zum Lkr. Linden, ab 1932 zum Lkr. Hannover und ab 2001 zur Region Hannover. 1971 wurde das Dorf nach Gehrden eingemeindet. Um 1813 lebten knapp 190 Menschen in Redderse, um 1946 etwa 600 und 2017 gut 525.
Kirchlich gehörte Redderse wohl bereits in vorref. Zeit zur Parochie Gehrden. Eine Kapelle besaß das Dorf vielleicht ebenfalls schon vor der Reformation, möglicherweise gestiftet von der adligen Familie von Redderse – belegen lässt sich dies jedoch nicht.5 Schriftlich erwähnt ist die Kapelle in Redderse erstmals im Protokoll der Generalkirchenvisitation 1588: Die Kapelle besaß fünf Morgen Land und gehörte als filia zum Kirchspiel Gehrden.6 Die gleiche Information findet sich 1681 im Lagerbuch des Amtes Calenberg.7
Eine Schule lässt sich in Redderse erstmals im 17. Jh. belegen. Im Jahr 1692 starb der Lehrer Johann Goslar und von 1685 bis zu seinem Tod 1730 war Johann Heinrich Rehren Schulmeister in Reddersen.8 1703 musste das Schulgebäude instandgesetzt werden. Da das alte Kapellengebäude baufällig war, plante die Gemeinde 1735, „eine gantz neue Capelle zu bauen“ und setzte dieses Vorhaben 1737/38 um.9 Das Holz für den Neubau schenkte das Kloster Wennigsen (geschlagen im Klosterwald). Im Jahr 1883 pflanzte die Gemeinde neben der Kapelle eine Luthereiche.
Im 19. und vielleicht bereits im 18. Jh. hielten die Lehrer an mehreren Feiertagen Lesegottesdienste in der Kapelle Redderse (Heiligabend, zweiter Weihnachtstag, Silvester, an Karfreitag, am ersten und zweiten Ostertag, am ersten und zweiten Pfingsttag, am Bußtag).10 In der ersten Hälfte des 20. Jh. waren in den drei KapG der KG GehrdenEverloh, Lemmie und Redderse – „je eine Frühjahrs- und Herbstabendmahlsfeier“ üblich (1939).11 In den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs fand in der Kapelle Redderse monatlich ein Gottesdienst statt, allerdings „grundsätzlich nie an Festtagen“.12 Ende der 1950er Jahre wurden in Redderse „regelmäßig alle 4 Wochen, dazu an allen Festtagen Gottesdienste“ gefeiert.13

Kapellenbau

Kleiner Saalbau mit dreiseitigem Chorschluss, ausgerichtet nach Nordosten, erbaut 1737/38. Satteldach, über dem Chor abgewalmt. Steinsockel, Fachwerk mit verputzten, gelb gestrichenen Gefachen. An den Längsseiten je zwei Rechteckfenster, unter dem Westfenster der Nordseite Eingangsportal; zwei Rechteckfenster am Chor; alle Fenster mit gusseisernem Maßwerk. Vor 1822 Reparatur. 1835 und 1846 Reparaturen. 1859 Westempore eingebaut.14 1879 Instandsetzung, u. a. neue Fenster mit gotisierendem Maßwerk aus Gusseisen.15 1952/53 Renovierung. 1983/84 Außen- und Innensanierung, u. a. Wandmalereien an Altarwand übermalt (die Malerei zeigte ein Christusmonogramm umgeben von Weinranken, darüber Inschrift: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“).

Fenster

Alle Fenster mit ornamentaler und farbiger Bleiverglasung.

Turm

Über dem Südwestgiebel vierseitiger, verschieferter Dachreiter mit Pyramidendach, bekrönt mit Kugel und Kreuz. An jeder Seite ein segmentbogiges Schallfenster mit horizontalen Lamellen.

Vorgängerbau

Erwähnt 1588. Im Pfarrarchiv Gehrden ist aus dem Jahr 1593 eine Rechnung über eine Kapellenreparatur überliefert (Dielenbretter und Türen erneuert).16 1735 war die Kapelle baufällig, um 1737 wurde sie abgebrochen und durch den heutigen Bau ersetzt.

Ausstattung

Blockaltar und neugotisches Holzretabel (1908) mit zwei Wimpergen, darunter Blendarkaden; in den Wimpergen zwei Reliefs: segnende Hand, Taube des Heiligen Geistes; in den Arkadenbögen Inschriften: „Ich bin das Lebendige Brot vom Himmel kommen. Joh 6,51“ und „Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben. Joh 15,5“; das Retabel stammt aus der Kirche in Gehrden und befindet sich seit 1968 in Redderse. – Holzkanzel (1908), Wandungen mit Reliefschnitzereien: thronender Christus und die vier Evangelisten; die Kanzel stammt aus der Kirche in Gehrden und befindet sich seit 1968 in Redderse. – Außen: Grabstein des Schulmeisters Johann Heinrich Rehren (1662–1730) und seiner Ehefrau Catharina Elisabeth Koinsen; Grabstein 1995 aufgefunden.17

Orgel

Harmonium, genutzt bis 1975. 1975/76 Orgelpositiv von privat erworben, erbaut um 1965 von Hermann Eule (Bautzen), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Eine LG, c’’’ (Bronze, Gj. 1742, Johann Taglieb, Hannover), Inschrift: „Iohann Taglieb in Hannover a[nno] 1742 goss mich“. – Früherer Bestand: 1596 Glocke erwähnt.18

Friedhof

Alter Friedhof am Nordrand des Dorfes, angelegt um 1850 (genehmigt 1852).19 Kommunaler Friedhof am südwestlichen Ortsrand (Eigentum der Stadt Gehrden).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 3575–3576 (Pfarroffizialsachen); S 09 rep Nr. 457 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7119 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Ronnenberg, S. 25; Hannig, Denkmaltopographie Lkr. Hannover, S. 212; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 368–369; Piper, Glocken und Orgeln, S. 76; Wolff, KD Lkr. Hannover und Linden, S. 107.

B: Martina Grohmann: Redderse. Texte und Dokumente zur Geschichte, Gehrden 1997, bes. S. 70–74; Werner Fütterer: Gehrden. Vom Flecken zur Großgemeinde, Gehrden 1976, bes. S. 305–314.

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. Westfälisches UB II, Nr. 419. Zum Ortsnamen und für weitere Belege vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 368; Grohmann, S. 25 f.
  2. Cal. UB VII, Wennigsen, Nr. 4.
  3. Fütterer, S. 305. Vgl. auch Grohmann, S. 125.
  4. Vgl. zum Folgenden Spieß, Calenberg, S. 10 ff. und S. 57 ff.
  5. Fütterer, S. 307. Die Familie von Redderse starb im frühen 15. Jh. in männlicher Linie aus, vgl. ebd., S. 305.
  6. Grohmann, S. 70. Bei den Protokollauszügen in Kayser, General-Kirchenvisitation II, S. 35, findet sich diese Passage nicht.
  7. Zit. bei Fütterer, S. 305.
  8. Grohmann, S. 36, S. 61 und S. 146 f.; Fütterer, S. 310.
  9. Zit. bei Fütterer, S. 307. Vgl. auch Grohmann, S. 39 f.
  10. Grohmann, S. 71 (ohne Zeitangabe).
  11. LkAH, L 5a, Nr. 115 (Visitation 1939).
  12. LkAH, L 5a, Nr. 115 (Visitation 1952). Gemeindebuch KK Ronnenberg, S. 25.
  13. LkAH, L 5d, unverz., Gehrden, Visitation 1959.
  14. Grohmann, S. 40 f. und S. 120.
  15. Grohmann, S. 41.
  16. Grohmann, S. 39.
  17. Grohmann, S. 146 f.
  18. Grohmann, S. 68.
  19. Grohmann, S. 73.