Sprengel Ostfriesland-Ems, KK Emsland-Bentheim | Patrozinium: Johannes | KO: Keine Kirchenordnung

Orts- und Kirchengeschichte
Kirche, Außenansicht

Kirche, Außenansicht

Das Gebiet der heutigen Johannesgemeinde Lingen war ursprünglich Teil der Kirchengemeinde Lingen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der ev.-luth. Gemeindeglieder in Lingen sehr stark an und seit 1951 teilte sich das Stadtgebiet entlang der Bahnlinie in zwei Pfarrbezirke. In der späteren Johannesgemeinde war der Ostgeistliche P. Gotthard Gleditsch (amt. 1951–1964) tätig.1 Das erste kirchliche Gebäude im neuen Gemeindebezirk war das 1956 fertiggestellte Pfarrhaus. Weihnachten 1954 hatte sich ein Kirchenbauverein gegründet, der u. a. Spenden für den Bau einer Kirche sammelte. Nach der Grundsteinlegung am 23. Juni 1957 konnte die Gemeinde am 19. Oktober 1958 ihre neue Johanneskirche zusammen mit dem Osnabrücker LSup. Kurt Degener (amt. 1956–1970) einweihen. Das Gustav-Adolf-Werk hatte das Bauvorhaben finanziell unterstützt. Zum 1. April 1960 erhob das LKA Hannover den bisherigen zweiten Pfarrbezirk der KG Lingen zu einer eigenständigen Kirchengemeinde; die zweite Pfarrstelle der Muttergemeinde, die gleichzeitig den Namen Kreuz-KG Lingen erhielt, ging auf die neue „Ev.-luth. Johannes-KG Lingen“ über.2 Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1961 bei 3.300; bezogen auf die gesamte Stadt Lingen hatte das Gebiet der neuen Gemeinde den höchsten Anteil an „Arbeitern, kleinen Angestellten und Mittelstand“.3
Die Johannesgemeinde übernahm auch den 1949 in der Gerhardstraße eröffneten zweiten ev. Kindergarten KG Lingen. 1963 zog er in einen Neubau neben der Johanneskirche um. Gleichzeitig hatte die Gemeinde dort auch Jugendheim (später Gemeindehaus) und Schwesternstation errichten lassen. Nachdem die Gebäude fertiggestellt waren, löste sich der Kirchbauverein auf (seit 1998 besteht ein Bauförderverein). Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpfte die Johannes-KG in den 1960er Jahren Kontakte zur Kirchgemeinde Pockau im Erzgebirge (südöstlich von Chemnitz).4 Überdies beteiligt sich die Gemeinde an der seit Mitte der 1980er Jahre bestehenden Partnerschaft des KK Emsland-Bentheim mit dem Kirchenkreis Kondoa in Tansania.
1975 war die Zahl der Gemeindeglieder auf etwa 4.200 gestiegen und 1985 erhielt die Johannesgemeinde schließlich eine zweite Pfarrstelle. Erster Inhaber war P. Dirk Hölterhoff (amt. 1985/87–1997, zunächst Hilfspfarrer). In erster Linie aufgrund des Zuzugs von Spätaussiedlerfamilien aus der ehemaligen Sowjetunion wuchs die Johannesgemeinde in den 1990er Jahren weiter und zählte 2001 rund 5.500 Gemeindeglieder. Im Bericht zur Visitation 1993 heißt es: „Im neugebauten, schönen Gemeindehaus sammeln sich zahlreiche Gruppen und Kreise, darunter erfreulich viele Jugendgruppen.“5 2002 ließ die Gemeinde den Innenraum der Johanneskirche renovieren und mit Fenster und Gemälden des Nordhorner Künstlers Dieter Hansmann neugestalten.
In den Jahren 2010 bis 2012 nahm die Johannesgemeinde an einem von der Landeskirche Hannovers initiierten Pilotprojekt zur geistlichen und strukturellen Neuausrichtung von Kirchengemeinden teil, das auf eine Verbesserung der Gemeindearbeit zielte („Qualitätsentwicklung in Kirchengemeinden“, betreut vom Haus kirchlicher Dienste Hannover). Die Johannesgemeinde erarbeitete in diesem Prozess u. a. ein Leitbild.

Pfarrstellen

I: 1960 (übernommen von Kreuz-KG Lingen).6 – II: 1985.7

Umfang

Der östliche Teil der Stadt Lingen (östlich der Bahnlinie Rheine–Emden) mit Brockhausen, Darme, Gauerbach und Laxten. Seit 1985 auch Bramsche-Wesel, Estringen, Hüvede-Sommeringen und Mundersum (vorher Kreuz-KG).8 Bis 1985 auch das Gebiet zwischen Haselünner Straße und Lingener Mühlenbach (dann zur Trinitatis-KG).9 Bis 1976 auch Teile der Siedlung Damaschke (dann zur KG Brögbern).10

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1960 zum KK Emsland-Bentheim.

Kirchenbau
Kirche, Außenansicht, 1980

Kirche, Außenansicht, 1980

Rechteckbau mit trapezförmigem Chor, ausgerichtet nach Südosten, Sakristeianbau an der Südwestseite, erbaut 1958 (Architekt: Heino Deeken, Lingen-Ems). Satteldach. Ziegelmauerwerk, hervortretende Betonstützen. Hochrechteckige Fenster an den Längsseiten des Schiffs, vertikal gegliederte Fensterfelder an Nordost- und Südseite des Chors; in der Mitte der Nordwestlichen Giebelwand vertikales Fensterband mit Dreieckssturz sowie Windfang mit Hauptportal. Im Innern leicht zeltförmige Decke mit holzverschalten Deckenflächen; Nordwestempore. 1965 neuer Sakristeianbau. 2002/03 Renovierung und neue Fenster an den Längsseiten. 2005 Eingangsbereich und Nordwestfenster umgestaltet (ursprünglich Fensterfeld mit Glasbausteinen), Taube im Nordwestgiebel entfernt.

Fenster

Farbig gestaltete Fenster an den Längsseiten und nach Nordwesten (2002, Dieter Hansmann, Nordhorn).

Turm

An der Nordecke der Kirche freistehender, vierseitiger Turm mit vier stumpfwinkligen Dreiecksgiebeln und Kreuzdach, bekrönt mit Kreuz; zweistöckiger Verbindungstrakt zur Kirche (Emporenaufgang). Verklinkerte Stahlbetonkonstruktion, Ecklisenen. Vier offene Obergeschosse, vierstöckiges Fensterfeld mit vertikalen Streben und Dreieckssturz, im unteren offenen Stockwerk horizontale Holzlamellen (Glockenstube). 1962 eine Glocke mit Gegenpendel versehen, da die durch das Läuten verursachten Schwingungen die Standsicherheit des Turms gefährdeten. 1967 Holzlamellen in Glockenstube angebracht. 1980 Glockenstuhl auf unterste Plattform versetzt. 1986 Turmsanierung.

Ausstattung

Altar aus zwei dunklen Marmorblöcken (1957/58). – An der Altarwand vierteiliges Bild, „Vier Himmelsrichtungen“ (Dieter Hansmann, Nordhorn), 2002 erworben mit finanzieller Unterstützung der Johann-Alexander-Wisniewsky-Stiftung (Lingen). – Leicht erhöhte Kanzel mit Holzbrüstung (1957/58). – Schlichter Taufstein in Form einer nach unten verjüngten Stele (1957/58), dunkler Marmor. – An der Emporenbrüstung sieben Bilder, „Sonne“ (Dieter Hansmann, Nordhorn), 2002 erworben mit finanzieller Unterstützung der Johann-Alexander-Wisniewsky-Stiftung (Lingen). – Außen am Kirchturm Drahtrelief (1957/58, Friedrich Heinrichsen, Hannover), Christus und Evangelist Johannes, mit Inschriftenband: „In deinem Licht sehen wir das Licht“, ursprünglich Innen an der Altarwand, dann an der nordwestlichen Giebelwand der Kirche.

Orgel

Orgel

Orgel

1958 Orgelpositiv aufgestellt, erbaut von Herbert Kruse (Lohne (Oldenburg)), 4 I/aP, mechanische Traktur, Schleifladen. 1963 Orgelneubau, ausgeführt von Johannes Klais (Bonn), 14 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen (Opus 1265).

Geläut

Vier LG, I: g’, Inschrift: „Gloria“; II: a’, Inschrift: „Concordia“; III: c’’, Inschrift: „Misericordias Domini“; IV: d’’, Inschrift: „Sanctus“ (alle Bronze, Gj. 1958, Friedrich Wilhelm Schilling, Heidelberg). Geläut wegen Schwingungsschäden an Turm und Verbindungstrakt 1978–80 stillgelegt.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus I, Schützenstraße (Bj. 1956). – Pfarrhaus II, Karlstraße (Bj. 1969, zunächst Küsterhaus). – Kindergarten (Bj. 1963, 1971 erweitert). – Gemeindehaus (Bj. 1963, nach Brand 1987–89 saniert und erweitert).

Friedhof

Kein gemeindeeigener Friedhof. – Im Gemeindegebiet zwei Friedhöfe in Verwaltung der ökumenischen Friedhofskommission Lingen (Waldfriedhof Darme, Friedhof Estringen).11

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 9 Nr. 513–518, 894–895 (AfBuK); L 5f, Nr. 1–2, 970 (LSuptur. Osnabrück); S 09 rep Nr. 1639 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 8178 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1960
Trauungen: ab 1960
Begräbnisse: ab 1960
Kommunikanten: ab 1960
Konfirmationen: ab 1960
Früher siehe Lingen, Kreuzkirche.

Literatur

A: Weichsler, Hdb. Sprengel Osnabrück, S. 91.

B: 250 Jahre Ev.-luth. Kirchengemeinde Lingen, hrsg. vom Kirchenvorstand der Ev.-Luth. Kreuzkirchengemeinde Lingen, Lingen 1978, bes. S. 41–47; Marienberger Geschichten. 25 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Marienberg und Lingen (Ems). Berichte, Anekdoten, Dokumente und Fotos einer Freundschaft, [Lingen 2021].


Fußnoten

  1. Zur Geschichte der Johannes-KG vgl. 250 Jahre, S. 41 ff. und S. 44 ff.
  2. KABl. 1960, S. 64 f.
  3. LkAH, L 5f, Nr. 1 (Visitation 1961).
  4. Marienberger Geschichten, S. 19; LkAH, L 5f, Nr. 2 (Visitation 1988). Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  5. LkAH, L 5f, Nr. 2 (Visitation 1993).
  6. KABl. 1960, S. 64 f.
  7. KABl. 1985, S. 118.
  8. KABl. 1985, S. 118.
  9. KABl. 1985, S. 118.
  10. KABl. 1976, 120 f.
  11. Siehe friedhofskommission-lingen.de, 05.12.2023.