(Ochtersum)
Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Hildesheim-Sarstedt | Patrozinium: Lukas | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Das Dorf Ochtersum lässt sich urkundlich erstmals in einer undatierten Urkunde der ersten Hälfte des 12. Jh. fassen (wohl 1132), in deren Zeugenliste ein Conradus de Ochtereshem aufgeführt ist.1 Das Dorf gehörte zum Amt Marienburg im Hochstift Hildesheim (1523: Kleines Stift) und blieb bis zur Mitte des 20. Jh. überwiegend kath. 1971 nach Hildesheim eingemeindet wuchs der Ort schnell. Der neue Stadtteil wurde „eines der bevorzugten Wohnviertel in Hildesheim“ in dem „wirtschaftlich potente Leute“2 lebten, wie der Visitator 1981 notierte. „Lehrer, Ärzte, leitende Beamte und Angestellte“3 seien hier stärker vertreten als in den anderen Stadtteilen. Die konfessionelle Zusammensetzung des ehemaligen Stiftsdorfs verschob sich seit Ende des Zweiten Weltkrieges und Anfang der 1980er Jahre zählte der Ort 1.500 kath. und 3.500 ev. Christen.4
Die kleine ev. Flüchtlingsgemeinde, die nach 1945 in Ochtersum entstand, gehörte zunächst zu St. Michaelis und durfte alle zwei Wochen die kath. St. Godehard-Kirche für ihre Gottesdienste nutzen.5 Seit 1964 gehörte Ochtersum zur neuen Markusgemeinde und 1966 erwarb die Kirchengemeinde ein Grundstück, um im expandierenden Ochtersum ein Gemeindezentrum zu bauen. Ein veränderter Bebauungsplan machte 1968 den Kauf eines neuen Bauplatzes nötig und im gleichen Jahr sprach sich der Kirchenvorstand der Markusgemeinde für die Gründung einer eigenen Gemeinde in Ochtersum aus. Pläne, auf dem ursprünglichen Kirchenbauplatz einen Behelfsbau zu errichten, gab die Gemeinde auf und beschloss 1970, eine Pfarrwohnung und einen vorläufigen Kirchensaal anzumieten. Im Ochtersumer Einkaufszentrum bezog die Gemeinde im Oktober 1971 zwischen Post und Friseur die provisorische „Ladenkirche“.6
Nach langer Planungsphase begann 1972 der Bau des Gemeindezentrums, die Pläne hatte der Berliner Architekt Peter Lehrecke entworfen. Anläßlich der Einweihung des modernen Mehrzweckbaus am Palmsonntag 1974 schrieb die Hildesheimer Allgemeine Zeitung: „Der neue Bau ist wesentlich schöner geworden, als nach Zeichnungen und Rohbau zu vermuten sein konnte.“7 Zum 1. Juli 1975 trennten sich die Ochtersumer von ihrer Muttergemeinde Markus und gründeten die eigenständige Lukasgemeinde; der in der Markusgemeinde beschäftigte Pfarrer der Landeskirche übernahm als Ortspfarrer die neue Gemeinde.8 Nach der ersten Visitation der Gemeinde 1981 resümierte der LSup., es sei gelungen, „die Lukas-Kirche wirklich zu einem Mittelpunkt dieses Stadtteils zu machen“.9 In unmittelbarer Nachbarschaft zu Kirche und Pfarrhaus befindet sich ein ev. Altenheim des Diakonischen Werks.
1983 gründeten die ev. Lukasgemeinde und die kath. St. Alfried Gemeinde einen ökumenischen Gesprächskreis. Der einige Zeit nach der Gemeindegründung aufgebaute Kontakt zur Partnergemeinde in Wernigerode schwand nach 1989.10 Seit Oktober 1999 ist die Lukasgemeinde pfarramtlich mit ihrer Muttergemeinde Markus verbunden.11 Zur Unterstützung der Gemeindearbeit und zur Stärkung der ev. Gemeinschaft vor Ort gründete sich im Jahr 2008 die Lukas-Stiftung. Sie trägt u. a. auch zur Finanzierung der Diakonstelle bei. Im Mai 2017 eröffnete die Gemeinde neben dem Kirchsaal das Café Luca.

Umfang

Hildesheim, Ortsteil Ochtersum.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung zum KK Hildesheim, seit 1. Januar 1999 KK Hildesheim-Sarstedt.12

Kirchenbau

Gemeindezentrum, moderner, verklinkerter Mehrzweckbau mit Flachdach, errichtet 1972–74, Architekt Peter Lehrecke (Berlin). Hauptbaukörper mit quadratischem Grundriss, an Nordwestecke winkelförmig angegliederter Nebentrakt mit halbrundem Abschluss nach Osten. Kirchensaal mit Altarraum in Südostecke, betont durch niedrigere Decke, hochliegende Fenster an Nord- und Westseite, Wände weiß, Decke rot, Fußboden rotbraun gefliest; Konfirmandensaal und Clubraum lassen sich mit Kirchensaal verbinden; im Untergeschoss Gemeinde- und Jugendräume. Kein Turm.

Ausstattung

Schlichter, hölzerner Altartisch. – Farbiges Glasfenster.

Orgel

Zunächst elektronische Orgel. In drei Bauabschnitten 1979–81 von den Gebrüdern Hillebrand (Altwarmbüchen) Orgel erbaut, 12 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen (1979 HW mit 4 Reg., 1980 BW mit 5 Reg., 1981 P mit 3 Reg.). 1997 Instandsetzung durch Hillebrand.

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1978/79).

Literatur

A: Pape, Organographia Historica Hildesiensis, S. 420–422; Twachtmann-Schlichter, Stadt Hildesheim, bes. S. 272.
B: 20 Jahre Ev.-luth. Lukas-Gemeinde. 1975–1995, hrsg. von der Ev.-luth. Lukas-Kirchengemeinde Hildesheim, Harsum 1995; Ute Hartel u. a.: Ochtersum. Vom Stiftsdorf zum Hildesheimer Stadtteil, Hildesheim 1997.

GND

2114057-1, Evangelisch-Lutherische Lukasgemeinde (Hildesheim).


Fußnoten

  1. UB HS Hildesheim I, Nr. 200.
  2. LkAH, L 5h, unverz., Hildesheim, Lukas, Visitation 1981.
  3. LkAH, L 5h, unverz., Hildesheim, Lukas, Visitation 1987.
  4. LkAH, L 5h, unverz., Hildesheim, Lukas, Visitation 1981.
  5. 20 Jahre, S. 8.
  6. 20 Jahre, S. 22.
  7. LkAH, S 9, Hildesheim, Markus.
  8. KABl. 1975, S. 142 f.
  9. LkAH, L 5h, unverz., Hildesheim, Lukas, Visitation 1981.
  10. 20 Jahre, S. 59.
  11. KABl. 1999, S. 201.
  12. KABl. 1998, S. 211 f.