Sprengel Lüneburg, KK Lüchow-Dannenberg | Patrozinium: Georg1 | KO: Lüneburger KO von 1643

Orts- und Kirchengeschichte

Der Name des Ortes ist erstmals 1225 mit Conradus de Gartowe nachgewiesen.2 Die Familie von Gartow besaß eine Burg am Übergang über die Seege. Zuerst 1321 ist neben der Burg ein Dorf (dorpe) belegt.3 Die Burg – oder das Haus – Gartow war Zentrum eines kleinen Herrschaftsgebietes, über das sowohl die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg als auch die Mgf. von Brandenburg die Lehnsherrschaft beanspruchten.4 Von 1360 bis 1371 erwarb der Johanniterorden schrittweise das Gebiet und die dazugehörigen Rechte; er übte auch die hohe und niedere Gerichtsbarkeit aus.5 1364 ist Gartow als stedeken belegt.6 1438/41 kaufte die Familie von Bülow Haus Gartow. Seit Ende des 16. Jh. konnten die Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg ihre Landesherrschaft über das Gebiet faktisch durchsetzen, Ende des 17. Jh. erkannten die Markgrafen die Grenze an. Gartow zählte zum welfischen Teilfsm. Lüneburg (ab 1705 Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover); die Gerichtsbarkeit lag weiterhin bei der Familie von Bülow (Patrimonialgericht). 1694 hatte die Familie von Bernstorff Haus Gartow und die dazugehörigen Besitzungen erworben. Eine erste Ortsansicht ist aus der Mitte des 17. Jh. überliefert (Merian-Stich).7 Das adlige Gericht Gartow erhielt 1720 den Status eines geschlossenen Gerichts.8 1721 zerstörte ein Feuer den Ort. In französischer Zeit war Gartow von 1810 bis 1813 Sitz des gleichnamigen Kantons im Kgr. Westphalen (Distrikt Salzwedel des Departements Niederelbe, ab 1811 des Departements Elbe). Danach wurde, nun im Kgr. Hannover, das adlige Gericht Gartow zunächst restituiert und 1850 schließlich aufgehoben. Gartow wurde Sitz des Amtes Gartow-Schnackenburg (1852: Amt Gartow). Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Gartow 1866 an das Kgr. Preußen. 1872 wurde das Amt Gartow in das Amt Lüchow eingegliedert und bei Einführung der Kreisverfassung 1885 kam Gartow zum Kr. Lüchow, der 1932 im Lkr. Dannenberg aufging (1951: Lkr. Lüchow-Dannenberg). 1929 wurde der Gutsbezirk Gartow in den Ort Gartow eingemeindet. Seit 1972 ist Gartow Sitz der gleichnamigen Samtgemeinde; im gleichen Jahr wurden Laasche und Nienwalde eingemeindet. Zur Sozialstruktur der Kirchengemeinde schrieb der Ortspastor 1965: „Einige große Besitzer, Akademiker, viele Handwerker (früher Ackerbürger), Sägerei- und Forstarbeiter, Förster, Pendler und Rentner, bes[onders] im Altersheim, in den Dörfern meist Bauern.“9 Um 1813 lebten knapp 575 Menschen in Gartow, 1905 knapp 940, 1946 fast 1.735 und 1987 gut 990 (ohne Eingemeindungen).
Eine Kirche lässt sich in Gartow erstmals im Jahr 1321 belegen, als Ritter Frederik van der Chartowe ein Viertel des Schlosses Gartow an Hzg. Otto II. zu Braunschweig-Lüneburg († 1330) verkaufte, zusammen mit dem Dorf Gartow und dem Kirchlehn (kerklene), also dem Patronatsrecht über die Kirche.10 Ein Jahr später ist mit Thiderico plebano in Gartowe erstmals ein Pfarrer nachweisbar. Er war gleichzeitig Propst des Benediktinerinnenklosters Arendsee und lässt sich in beiden Ämtern bis 1332 belegen.11 Gleichzeitig mit Thidericus ist 1328 der Priester (sacerdos) Albertus als Altarista in Garthow nachgewiesen.12 1362 ist der erste Komtur des Johanniterordens in Gartow belegt. Der Orden besaß das Patronatsrecht über die Pfarrkirche Gartow, die vermutlich gleichzeitig als Ordenskirche diente.13 Die Johanniterkommende bestand bis 1438, dann verkaufte der Orden Gartow wieder. Im Jahr 1469 ist Hinrich Moller als Pleban in Gartouw belegt.14
Einzelheiten zur Reformation in Gartow sind nicht bekannt. Im Fsm. Lüneburg betrieb Hzg. Ernst I. († 1546), später der Bekenner genannt, seit 1527 die Einführung der luth. Lehre. Das in diesem Jahr gedruckte Artikelbuch diente dabei, obwohl die Landstände es abgelehnt hatten, als Leitfaden.15 Im Lüneburger Pfründenregister von 1534 ist die Kirche in Gartow nicht erwähnt, im Protokoll der Visitationen 1543 ist sie unter den „Juucker parren“ aufgeführt.16 Das Pfarramt verwaltete P. Heinrich Mechow, möglicherweise der erste luth. Prediger Gartows.17 Er hatte keine Kenntnis der kirchlichen Einkünfte, denn die Patronatsfamilie von Bülow „vorwalten de cercke vnd kercke guderen“.18 Küster und Kirchengeschworene waren nicht zur Visitation erschienen, aus Furcht vor den Herren von Bülow (propter metum procerum suorum de Bülowen).19 Diese Hinweise im Visitationsprotokoll legen nahe, dass die Patronatsfamilie ein landesherrliches Kirchenregiment der Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg seinerzeit nicht zu akzeptieren bereit war, vielmehr die kirchlichen Rechte selbst beanspruchte. In den erhaltenen Protokollen der Visitation 1568 ist Gartow nicht erwähnt.20
Von 1644 bis 1744 waren die Pastoren von Gartow auch für die Nachbargemeinde Restorf zuständig, da nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648), wie es in der Restorfer Chronik heißt, „der hiesigen Gegend Zustand so schlecht geworden, daß weder zu Gartow noch zu Rehstorff ein besonderer und eigener Prediger hat subsistiren können“.21 1694 erwarb die Familie von Bernstorff Haus Gartow zusammen mit allen Gütern und konnte in der Folgezeit auch die starke Stellung des Patrons gegenüber dem Konsistorium sichern und ausbauen.22 Der Lüchower Propst, zu dessen Aufsichtsbezirk Gartow formal zählte, hatte hier wenig Einfluss.
Im Mai 1721 brannten weite Teile Gartows einschließlich der Kirche ab. Die Patronatsfamilie von Bernstorff ließ 1723/24 eine neue Kirche errichten, entworfen von dem Celler Hofarchitekten Johann Caspar Borchmann (1669–1736). Das Aussehen des wohl mittelalterlichen Vorgängerbaus ist lediglich im Merian-Stich aus der Mitte des 17. Jh. überliefert: Erkennbar sind hohe Satteldächer und ein querrechteckiger Turm mit Walmdach und Dachreiter.23
Von 1809 bis 1829 bestand innerhalb der Insp. Lüchow eine eigene Insp. für die Patronatspfarren des Hauses Gartow, die der zweite Pastor Lüchows verwaltete. 1869 richtete das Konsistorium erneut eine eigene Insp. Gartow ein, der zunächst der Restorfer Pfarrer als Superintendent vorstand. Ab 1879 war das Amt des Superintendenten mit der Pfarre Gartow verbunden (bis 1932). Neben den sonntäglichen Gottesdiensten in Gartow predigte der Pfarrer Anfang des 20. Jh. insgesamt 18 Mal im Jahr in der Kapelle Meetschow.24
Im Jahr 1913 gründete sich ein kirchlicher Frauenverein, 1923 ein Missionsverein.25 Während der NS-Zeit hatten nacheinander P. Gerhard Auhagen (amt. 1934–1936) und P. Joachim Hoffmann (amt. 1937–1949) das Pfarramt Gartow inne; letzterer war von 1940 bis 1945 im Kriegsdienst. Im „Fragebogen zur Geschichte der Landeskirche von 1933 bis Kriegsende“ gab P. Hoffmann an, P. Auhagen sei „angeblich Mitglied der N.S.D.A.P.“ gewesen; er selbst habe kirchenpolitisch zur Hannoverschen Bekenntnisgemeinschaft gezählt.26 Zum 1933 neu gewählten Kirchenvorstand schrieb er knapp: „war nach kirchlichen Gesichtspunkten zusammengesetzt und hat sich gut bewährt“.27 Nach den Angaben in den Unterlagen zur Visitation 1935 bestand in Gartow seinerzeit eine Gruppe der landeskirchlichen Gemeinschaft, „deren Prediger zuweilen Bibelstunden abhalten“ und eine Gruppe des Jugendbundes EC.28
Aufgrund des Zuzugs Geflüchteter nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die Zahl der Gemeindeglieder deutlich an: 1935 hatte sie bei 1.350 gelegen, 1946 schätzte P. Hoffmann sie auf. 2.350.29 In der Folgezeit ging die Zahl wieder zurück. Im Bericht über die Visitation 1971 schrieb der Lüchower Propst: „Außenstehende und Einheimische bemerken immer wieder, daß die Gemeinde Gartow ein Rest aus dem 19. Jahrhundert sei. Die gräfliche Patronatsfamilie mit dem riesigen Besitz, als Pastor der zur Gemeinschaft gehörende adlige ehemalige Offizier, dessen Verwandter die holländische Kronprinzessin heiratet, die verarmten adligen Verwandten in untergeordneten Stellungen – das alles könnte in einen Roman von Fontane passen. Im kirchlichen Leben Gartows zeigen diese altertümlichen Strukturen jedoch beträchtliche Lebenskraft“.30
Im Bericht zur Visitation 1978 heißt es: „Seit dem Frühjahr 1977 ist in Gartow das alles beherrschende Thema die Atommülldeponie und die Wiederaufbereitungsanlage im Gartower Forst. […] Kirchenvorstand, Pastor und Patron haben von Anfang an die Anlagen abgelehnt.“31 Pfingsten 1980 wollte der Gartower P. Gottfried Mahlke (amt. 1974–1989) in der Holzkirche der „Republik Freies Wendland“ einen Gottesdienst halten, das LKA Hannover sprach jedoch ein Predigtverbot aus. Im Jahr 2011 schrieb P. Mahlke rückblickend, er verstehe dieses Verbot „als Angst der maßgeblichen Theologen, in einer öffentlichen Frage eine klare Position zu beziehen“.32 Zu einem Verkauf kirchlicher Ländereien in dem in Frage kommenden Gebiet war der KV Gartow nicht bereit und hatte 1978 ein Kaufangebot der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen (DWK) abgelehnt. Gemeinsam mit der KG Trebel und den KapG Meetschow und Gorleben beschloss die Gemeinde 1990 zudem, ihre Salzabbaurechte am Salzstock Gorleben nicht zu verkaufen. Eine mögliche Enteignung nahmen die Gemeinden dabei bewusst in Kauf.33 2010 klagte die KG Gartow, ebenso wie zuvor etwa Greenpeace und die Familie von Bernstorff, gegen die wiederaufgenommene Erkundung des Salzstocks Gorleben, über dem sie ein Waldgrundstück besitzt, als Endlager für hochradioaktiven Atommüll; die Landeskirche unterstützte die Klage. 2020 schied Gorleben als mögliches Endlager aus und die Erkundung wurde aufgegeben.
Nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze im Herbst 1989 hatte die KG Gartow zeitweise „rege Kontakte“ zu den Nachbargemeinden Lenzen, Salzwedel und Perleberg unterhalten.34 Im Jahr 2003 weihte die Gemeinde das baulich mit dem Glockenturm verbundene Gemeindezentrum „Ev. Forum St. Georg“ ein. Die Pfarrstelle der Gemeinde ging 2017 über auf das neu eingerichtete Kirchenkreispfarramt des KK Lüchow-Dannenberg.35
Ab 2018 gehörte die KG Gartow als Ortskirchengemeinde zur neu gegründeten „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Kirchspiel an Elbe und Seege“.36 Nachdem im Januar 2024 auch die Gemeinden Trebel und Gorleben beigetreten waren, änderte die GKG ihren Namen in „Ev.-luth. GKG Kirchspiel Elbe-Heide-Seege“.37

Umfang

Gartow sowie Nienwalde (bis 1936: Niendorf bei Gartow), Rucksmoor und Quarnstedt. Bis Ende 2017 auch die KapG Meetschow (seit 2018 eigenständige KG).38

Aufsichtsbezirk

Wohl Propstei Lüchow der Diözese Verden. – Nach der Reformation Propstei bzw. Insp. Lüchow (Aufsichtsrecht eingeschränkt durch Patronatsrechte). Von 1809 bis 1829 Insp. für das Gericht Gartow innerhalb der Insp. Lüchow. 1868 zur neuen Insp. Gartow.39 1924 KK Gartow, bei dessen Aufhebung 1958 zum KK Dannenberg.40 2006 KK Lüchow-Dannenberg.41 – Wegen des großen Umfangs der Insp. Lüchow wurde der Lüchower Archidiakon P. Ernst August Pott (amt. 1786–1829) 1809 auf Lebenszeit zum Superintendenten einer Insp. Gartow innerhalb der Insp. Lüchow ernannt; die Insp. bestand aus den fünf Gräflich Bernstorff’schen Patronatspfarren Gartow, Holtorf (Schnackenburg) mit Kapern, Prezelle, Restorf und Trebel. 1829 fiel die Insp. Gartow zurück an die Insp. Lüchow. – 1869 wurde erneut eine Insp. Gartow eingerichtet, Sitz des Superintendenten war zunächst Restorf, ab 1879 Gartow. Die Insp. umfasste die KG Gartow, Holtorf-Kapern, Prezelle, Restorf, Schnackenburg und Trebel. Ab 1932 war die Suptur. vakant und wurde vom Pfarrer in Trebel versehen (Lüneburger LSup. Johann Feltrup (amt. 1936–1954) 1939: „Der Kirchenkreis als solcher ist ja zu klein, um eine eigene Superintendentur zu rechtfertigen“42). Schließlich übernahm der Lüchower Propst die Verwaltung des KK Gartow. Am 1. April 1958 wurde der KK Gartow aufgehoben, die Gemeinden kamen zu den KK Dannenberg und Lüchow.

Patronat

Das Patronat ist an den Besitz des Hauses Gartow gebunden (dingliches Patronat). Zunächst Familie von Gartow. Ab 1321 Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg, ab 1328 anscheinend wieder Familie von Gartow.43 Ab 1360/64 der Johanniterorden. Ab 1438 die Familien von Bülow und von Schulenburg, ab 1441 Familie von Bülow allein. Seit 1694 Familie von Bernstorff. 1697 bestätigte eine Vereinbarung mit dem Konsistorium der Familie von Bernstorff „die Jura Patronatus in Superiori gradu“, dies umfasste u. a. auch die geistliche Gerichtsbarkeit (1792 nach Urteil des Oberappellationsgerichts Celle wieder entzogen). Zudem war der Gf. von Bernstorff, wie das Konsistorium 1701 bestätigte, „in weltlichen Angelegenheiten so etwas wie ein Superintendent […], der die Aufsicht über Pfarrer und Gemeinde ausübe“.44 Nach dem patronatsseitig finanzierten Neubau der Kirche 1723/24 übernahm die Patronatsfamilie laut Stiftungsurkunde für die Zukunft lediglich die Baulast für Altarraum (ohne Zubehör) und Patronatsgestühl.45 In einem Brief an seine Frau beschrieb der Theologe Johann Hinrich Wichern (1808–1881) den Bernstorffer Grafen noch 1845 in kirchlichen Angelegenheiten als summus episcopus.46 Zwischen 1879 und 1932 ruhte bei Neubesetzung der Pfarre das Präsentationsrecht des Patronats, da die Pfarrstelle mit der Superintendentur über die Insp. bzw. den KK Gartow verbunden war.

Kirchenbau

Achtachsige barocke Saalkirche mit Anbauten an Nordost- und Nordwestseite, ausgerichtet nach Nordosten, erbaut 1723/24 (Hofarchitekt Johann Caspar Borchmann, Celle). Mansarddach, Nordwestanbau mit Walmdach, Nordostanbau mit Satteldach. Backsteinmauerwerk; steinsichtig, nur Nordostseite sowie Nordostanbau verputzt und rot gefasst; die beiden Nordostgiebel mit Voluten und Segmentbogenbekrönung (Schiff) bzw. Dreiecksbekrönung (Anbau); Südwestfassade mit Mittelrisalit (Turm) und flankierenden rundbogigen Blendnischen. An den Längsseiten rundbogige Blendnischen mit rundbogigen Sprossenfenstern oben und segmentbogigen unten. Am Nordostanbau Neben- bzw. Patronatseingang mit Backsteinrahmung und segmentbogigem Sprenggiebel, im Feld unterhalb des Giebels Inschriftentafel: „Antiqua aede sacra una cum oppido igne consumta. Hanc exstrui fecit Andreas Gottlieb de Bernstorff Anno 1723 d 1724“ (Das alte heilige Gebäude verzehrte zusammen mit der Stadt ein Feuer. Dieses ließ Andreas Gottlieb von Bernstorff erbauen 1723 bis 1724). Im Innern hohes Tonnengewölbe in der Mitte, an den Längsseiten flache Decken, Bernstorffsches Wappen im Gewölbe über dem Altarraum; Balustrade zwischen Altarraum und Schiff; u-förmige, hölzerne Emporenanlage im Südwesten; im Altarraum u-förmige, hölzerne Emporenanlage mit Patronatspriechen; Grisaille-Malereien in den Zwickeln oberhalb der Emporenstützen (1990 entdeckt). 1952 Neuausmalung Innenraum. 1965 Dachinstandsetzung. 1978 Restaurierung. 1995 Nordostgiebel instandgesetzt.

Grablege

Unter dem Chor befand sich das Erbbegräbnis der Familie von Bernstorff.

Turm

Über dem Südwestgiebel vierseitiger, dachreiterartiger Turm, geschwungene Haube mit vierseitigem Ansatz und achtseitiger, offener Laterne, bekrönt mit Kugel und Kreuz. Uhrziffernblätter nach Nordwesten und Südosten. Turm tritt als Mittelrisalit leicht aus der Südwestfassade hervor. Übereinander zwei rundbogige Blendnischen, untere mit Rundbogenportal und rundbogigem Sprossenfenster, obere mit drei übereinander angeordneten rundbogigen Sprossenfenstern. 1992 Turmhelm neu gedeckt (Kupferdeckung, vorher Schiefer und Kupfer. – Südwestlich der Kirche niedriger Fachwerkglockenturm mit Ziegelausfachung und Satteldach, erbaut Mitte des 18. Jh. 2003 saniert.

Vorgängerbau

Abgebildet auf dem Merian-Stich aus der Mitte des 17. Jh., querrechteckiger Turm mit Walmdach und Dachreiter.47 1721 zusammen mit der Stadt abgebrannt.

Ausstattung

Barocker Kanzelaltar (1723/24), seitlich je eine korinthische Säule, verkröpftes Gebälk mit Schalldeckel, Segmentbogengiebel, polygonaler Kanzelkorb, Baldachin über Kanzelzugang, kastenförmiger Altar. – Aufwendig gestaltete, barocke Holztaufe (1724/25), rund, pokalförmig, weiß-gold gefasst; Deckel bekrönt mit Taube auf einem Pinienzapfen; 1978 restauriert. – Außen: Grabstein für den Arzt Friedrich Wilhelm Ellisen († 1838), ursprünglich auf dem Buchhorster Friedhof. – Außen: Skulptur „Hiob“ (Kurt Passon, Gartow), 1984 aufgestellt.

Orgel

1733 Orgelneubau begonnen, Hans Hantelmann (Lübeck, ehemaliger Meistergeselle Arp Schnitgers), Hantelmann verstarb 1735, die Orgel war nicht fertiggestellt. 1735–40 Vollendung der Orgel, Johann Matthias Hagelstein (Lüneburg), 23 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen; Rechtsstreit wegen Überschreitung der vereinbarten Kosten.48 1749 eine Dispositionsänderung. 1830/31 Reparatur und Instandsetzung, Friedrich Brämpähl (Lüneburg). Im Ersten Weltkrieg zinnerne Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken abgegeben, 1919 durch Zinkpfeifen ersetzt. Zustand 1944: 22 II/P. 1954/55 Restaurierung, Umbau und Erweiterung des Pedalwerks, Paul Ott (Göttingen), 25 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1988–91 Restaurierung und Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands, Firma Gebrüder Hillebrand (Altwarmbüchen), 23 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. Denkmalorgel (seit 1927); älteste erhaltene Orgel des Wendlands.

Geläut

Zwei LG, I: b’ (Bronze, Gj. 1723, Johann Christoph Ziegner, Lüneburg), Inschriften: „Andreas Gottlieb Freyherr von Bernstorff. Anno 1723“ und „Me fecit M[eister] I[ohann] C[hristoph] Ziegner in Lvnebvrg. Soli Deo gloria“ (Mich machte M. I. C. Ziegner in Lüneburg. Gott allein die Ehre), Bild: Wappen, Glocke im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, nicht eingeschmolzen, 1948 zurückgegeben; II: des’’ (Bronze, Gj. 1629, Heinrich Bostelmann, Braunschweig), Inschrift: „Heinrich Borstelmann in Bravnschweig hat mich gegossen Anno 1629. Soli Deo gloria“ (Allein Gott die Ehre), Bild: reitender St. Georg; Glocke 1924 von der Stadtkirchengemeinde Celle erworben; Glocken hängen im Turm vor der Kirche.49 Eine SG, as’ (Bronze, Gj. 1769, Christoph Hautsch), Inschrift: „Im Feuer floss ich, Christoph Hautsch goss mich“, 1924 erworben, Glocke stammt aus der St.-Petri-Kirche in Hannover; SG hängt in der Laterne des Dachreiters.50 – Früherer Bestand: Wohl eine LG und eine SG (beide Bronze) im Ersten Weltkrieg zu Rüstungszwecken abgegeben, 1924 neue Glocken erworben.51

Weitere kirchliche Gebäude

Pfarrhaus (Bj. 1859). – Kantorei (Bj. 1859). – Gemeindezentrum „Ev. Forum St. Georg“ am Glockenturm (Bj. 2003).

Friedhof

Ehemaliger kirchlicher Friedhof bei der Kirche.52 Ehemaliger kirchlicher Friedhof an der Springstraße, genutzt 1722 bis 1813. Ehemaliger kirchlicher Friedhof auf der Buchhorst, erste Beerdigung 1814, genutzt mindestens bis 1878, später umgestaltet zu Ehrenhain für die Getöteten und Vermissten des Zweiten Weltkriegs. Neuer kirchlicher Friedhof in den Hahnenberge, angelegt 1878, erweitert 1891 und 1902, FKap mit Glockenträger (Bj. 1986), eine LG, a’ (Bronze, Gj. 1954, Firma Anton Gugg, Straubing), Inschrift: „1954“, 1986 gebraucht erworben (zuvor in der kath. Gemeinde Tannhausen bei Dinkelsbühl). – Privatfriedhof der Familie von Bernstorff bei der Kirche. – Friedhof „Ruheforst Elbtalaue“, angelegt 2007, Eigentum der Familie von Bernstorff. – Kommunaler Friedhof in Nienwalde.

Liste der Pastoren (bis 1940)

1543 Henricus Mechow. – 1543–15.. Joachim Sander. – 1608–16.. Erasmus Segerus. – 1633–1644 Johann Fien. – 1644–1678 Georg Betichius (Bethke). – 1678–1717 Magister Christoph Lehmann. – 1718–1743 Adolf Georg Gössel. – 1744–1768 Heinrich Wilhelm Bode (Rode?). – 1769–1788 Daniel Gottlieb Lindener. – 1788–1833 Levin Carl Hölty. – 1833–1871 Johann Julius Peter Freytag. – 1871–1875 Theodor Wilhelm Ferdinand Meyer. – 1876–1879 Oswald Freybe. – 1879–1888 Friedrich Ernst Julius Taube. – 1888–1915 Heinrich Seevers. – 1916–1932 Johannes Wilhelm Umland. – 1934–1936 Gerhard Auhagen. – 1937–1949 Joachim Ernst Oskar Hoffmann.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 303–304 und III, 20

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 3541–3546 (Pfarroffizialsachen); A 5 Nr. 232 (Spec. Landeskons); A 6 Nr. 2589-2595 (Pfarrbestellungsakten); A 8 Nr. 146Digitalisat (CB); A 9 Nr. 756Digitalisat, 757Digitalisat, 758Digitalisat, 759Digitalisat, 760Digitalisat (Visitationen); B 18 Nr. 269 (Orgelsachverständiger); D 79 (EphA Lüchow); S 09 rep Nr. 1097 (Presseausschnittsammlung); S 10 Nr. 16 (Archivaliendokumentation); S 11 Nr. 86 (Findbuchsammlung); S 11a Nr. 8062 (Findbuch PfA).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1721
Trauungen: ab 1721
Begräbnisse: ab 1721
Kommunikanten: ab 1757 (Lücken: 1758–1799, 1814–1816)
Konfirmationen: ab 1713 (Lücken: 1716–1753)

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Dannenberg, S. 23–24; Aye/Kronenberg, Taufbecken, S. 114–115; Behn, Wendland, S. 56–59; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 487; Dolle, Klosterbuch II, S. 461–463; Gotzmann & Wallrafen, Dorfkirchen, S. 46–47; Jürries/Wachter, Wendland-Lexikon I, S. 214–217; Kelletat, Kirchen und Kapellen, S. 17–19; Manecke, Beschreibungen II, S. 167–169; Meyer, Pastoren I, S. 303–304; Mithoff, Kunstdenkmale IV, S. 76–77; Sänger, Denkmaltopographie Lkr. Lüchow-Dannenberg, S. 97–98; Schmitz, Siedlungsnamen, S. 59–61; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 472.

B: Die Johann-Matthias-Hagelstein-Orgel (1740) in der St.-Georgs-Kirche zu Gartow. Eine Festschrift zur Wiedereinweihung der Orgel am 16. Juni 1991 nach der Restaurierung durch Gebrüder Hillebrand-Orgelbau, Gartow 1991; Herzlich willkommen in der St. Georg Kirche zu Gartow, hrsg. vom Kirchspiel an Elbe und Seege; Gottfried Mahlke: Das Predigtverbot. Ein persönlicher Rückblick von Gottfried Mahlke, Pastor, in: Gorleben Rundschau, Juni 2011 (= Sonderausgabe „Geschichte der kulturellen Landpartie“), S. 3 [.pdf online]; Hildegunde Matthias, Marianne Sgraja & Otto Puffahrt: Pastor Johann Julius Freytag aus Gartow in Schriftzeugnissen, Lüneburg 2017; Otto Puffahrt: Gartow. Gartow vom Rittersitz zur Ferienregion, Lüchow 2016, bes. S. 133–164; Otto Puffahrt: 300 Jahre Haus Gartow. 1694–1994. Wirken der Familie Bernstorff in und um Gartow, Gartow 1994; Otto Puffahrt: Beiträge zur Geschichte des alten Amtes Gartow, Gartow 1990; Christoph Thoböll: Der Wechsel des Kirchenpatronats in Gartow im Jahre 1694, in: Hannoversches Wendland 15 (2001), S. 25–32.

Internet: Bildindex der Kunst & Architektur: Kirche und Ausstattung; Denkmalatlas Niedersachsen: Kirche; Nomine (Norddeutsche Orgelmusikkultur in Niedersachsen und Europa): Orgel.

GND

1049271955, Kirche Sankt Georg (Gartow)


Fußnoten

  1. Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien I, S. 247.
  2. CDB A XXII 4, Nr. 3 [Digitalisat].
  3. Sudendorf, UB I, Nr. 344.
  4. Zum Folgenden: Puffahrt, Beiträge, S. 7 ff.; Puffahrt, Gartow, S. 39 ff. und S. 158 ff.
  5. Dolle, Klosterbuch II, S. 461. Verkaufsurkunden u. a. CDB A VI 37, Nr. 55 und Nr. 56 [Digitalisat], A VI 38, Nr. 58 [Digitalisat], A VI 40, Nr. 59 [Digitalisat]; Sudendorf, UB III, Nr. 236.
  6. Sudendorf, UB III, Nr. 236.
  7. Digitalisat.
  8. Puffahrt, Beiträge, S. 9; Krieg, Amtsbezirke Fsm. Lüneburg, S. 72 f.
  9. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1965.
  10. Sudendorf, UB I, Nr. 344.
  11. CDB A XXII 26, Nr. 45 [Digitalisat]. 1329: „domino Thiderico, preposito ancillarum Cristi in Arnesse et plebano in Chartowe“ (CDB A XXII 32, Nr. 55 [Digitalisat]); 1331: „hern dyderike, deme proueste to der arnse, dy dar perrer ist o der Ghartowe“ (CDB A XXII 36, Nr. 60 [Digitalisat]); 1332: CDB A XXII 37, Nr. 62 [Digitalisat].
  12. CDB A XVI 415, Nr. 38 [Digitalisat].
  13. Dolle, Klosterbuch II, S. 462.
  14. Brosius, Regesten, Nr. 342.
  15. Sehling, Kirchenordnungen 16. Jh. Bd. 6,1, S. 484 und 492 ff.; vgl. auch Butt, Kirchenregiment, S. 39 ff. und S. 55 ff.
  16. Salfeld, Pfründenregister; Kayser, Kirchenvisitation, S. 542.
  17. Das Protokoll bezeichnet ihn als commendiste, weder er noch jemand anders seien formal auf die Pfarrstelle präsentiert worden („iß ock nicht presentatus ad eandem ecclesiam, der gelyke ock anders nemandt“), Kayser, Kirchenvisitation, S. 542 f.
  18. Kayser, Kirchenvisitation, S. 543.
  19. Kayser, Kirchenvisitation, S. 542.
  20. Lange, General-Kirchenvisitation.
  21. Zit. bei Puffahrt, Gartow, S. 151. Vgl. auch Thoböll, S. 27 f.
  22. Vgl. dazu Thoböll, S. 27 ff.
  23. Digitalisat.
  24. Ahlers, Pfarrbuch 1909, S. 204.
  25. Puffahrt, Gartow, S. 138 und S. 140.
  26. LkAH, S 1 H III Nr. 614, Bl. 2. Allgemein zum Fragebogen vgl. Kück, Ausgefüllt, S. 341 ff.
  27. LkAH, S 1 H III Nr. 614, Bl. 2.
  28. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1935.
  29. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1935 und 1946.
  30. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1971.
  31. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1978. Der Dannenberger Sup. zitiert in seinem Bericht überdies „die alte Erfahrung, daß gegen das ‚Haus Gartow‘ in diesem Zipfel des Landes nichts durchgesetzt werden kann“.
  32. Mahlke, Predigtverbot, S. 3. Ebd.: „Anstelle von mir predigten dann zu Pfingsten drei Pastorinnen und veröffentlichten das ‚Predigtverbot‘.“ Die Holzkirche, in der regelmäßig Gottesdienste gefeiert wurden, hatten Theologiestudierende der Universität Göttingen errichtet. Vgl. auch LkAH, E 63 Nr. 24.
  33. LkAH, L 5e, unverz., Trebel, Visitation 1991.
  34. LkAH, L 5e, unverz., Gartow, Visitation 1990.
  35. Zum Kirchenkreispfarramt: KABl. 2016, S. 140 ff.
  36. KABl. 2018, S. 9 ff.
  37. KABl. 2024 [in Vorbereitung].
  38. KABl. 2018, S. 9 ff.
  39. Staatskalender 1870, S. 276.
  40. KABl. 1958, S. 96.
  41. KABl. 2006, S. 21 f.
  42. LkAH, L 5e, unverz., Trebel, Visitation 1939.
  43. Sudendorf, UB I, Nr. 441.
  44. Thoböll, S. 28 f.
  45. Thoböll, S. 30.
  46. Thoböll, S. 30. Vgl. auch: G. Rauterberg: Auf Wicherns Spuren im hannoverschen Wendland, in: Jahrbuch der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte 51 (1953), S. 169–173.
  47. Digitalisat.
  48. Hagelstein-Orgel, S. 8.
  49. Puffahrt, Gartow, S. 140; Wehking, Inschriften Lüneburg, Nr. 472.
  50. Puffahrt, Gartow, S. 140.
  51. Puffahrt, Gartow, S. 140.
  52. Zu den Friedhöfen: Puffahrt, Gartow, S. 136 f.