Sprengel Hildesheim-Göttingen, KK Peine | Patrozinium: Johannes (seit 2010)1 | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Dungelbeck wird 1053 als Dungerbichi in einer Schenkungsurkunde Ks. Heinrichs III. zugunsten der Kirche in Hildesheim erstmals erwähnt.2 1183 belehnte Bf. Adelog die Gf. von Dassel u. a. mit einem Hof in Dungerbike.3 Mitte des 13. Jh. fiel Dungelbeck unter die Landesherrschaft der Bf. von Hildesheim und wurde Dungelbeck Sitz einer hildesheimischen Amtsvogtei. Mit der Industrialisierung der Region in der zweiten Hälfte des 19. Jh. (Ilseder Hütte, Peiner Walzwerk) setzte der Wandel vom Bauern- zum Arbeiterdorf ein. Die Zahl der Wohnungen hat sich im Laufe des 19. Jh. mehr als verdoppelt (1803: 402 Einwohner, 1852: 542 Einwohner, 1900: 894 Einwohner). 1926 stieg die Einwohnerzahl erstmals auf über 1.000. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die Ortsbevölkerung fast ausschließlich aus Mitarbeitern des Peiner Walzwerks und seiner Familien. Im Zuge der Gebietsreform wurde Dungelbeck 1974 nach Peine eingemeindet.

Kirche, Ansicht von Südwesten, Teilansicht, 1970 (?)

Kirche, Ansicht von Südwesten, Teilansicht, 1970 (?)

Dungelbeck war Filial von Schmedenstedt und hatte anfangs vielleicht nur eine Kapelle, wurde aber wohl schon im 11. oder frühen 12. Jh. selbständige Parochie. Die erste Kirche wurde im 11./12. Jh. als romanischer Bruchsteinbau mit eingezogenem, gerade geschlossenem Chor errichtet. Der Westturm stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jh. (die Datierung 1094 anhand einer vermutlich falsch gelesenen Turminschrift ist unsicher). 1302 erscheint mit Thidericus plebanus de Dungerbecke der erste Geistliche. 1534 wird der Kaplan Hermann Surlanth genannt. Weitere vorref. Geistliche sind nicht bekannt. 1542 erfolgte die Einführung der Reformation im Amt Peine. Erster luth. P. war vielleicht der 1552/55 belegte Eustachius Achemius. Vor 1593 amt. Gabriel Witte in Dungelbeck P. Conrad Wildhagen (amt. 1626–1654) wurde während des Dreißigjährigen Krieges (1628) vorübergehend vertrieben, konnte jedoch später zurückkehren und starb 1654. Seit 1652 war er auch Sup. der Insp. Peine.
Eine Schule wurde vermutlich in der ersten Hälfte des 17. Jh. gegründet. In der Kopfsteuerbeschreibung des Hochstifts Hildesheim von 1664 wird erstmals ein Küster genannt. Die Gemeinde verfügte auch über ein Pfarrwitwenhaus, das 1736 veräußert wurde. Zur Finanzierung eines Pfarrhausneubaus ließ die KG die Pfarrstelle von 1848 bis 1857 nur durch Pfarrvikare versehen. Mit Moritz Heinrich Ferdinand Petri erhielt sie 1858 wieder einen eigenen P. (amt. bis 1881).
Für die Gemeindearbeit stand ursprünglich nur ein Konfirmandenraum im Pfarrhaus zur Verfügung, dessen Erdgeschoss 1964/65 ganz für gemeindliche Zwecke umgestaltet wurde. Ein neues Gemeindehaus wurde 1995/96 errichtet.
2005 erfolgte die Gründung der Ev. Kirchenstiftung Dungelbeck. Eine Partnerschaft besteht mit der KG Dörnthal im Erzgebirge.

Umfang

Das Dorf Dungelbeck.

Aufsichtsbezirk

Archidiakonat Schmedenstedt der Diözese Hildesheim. – Nach der Reformation (ab 1561) war Dungelbeck wohl einem in Peine ansässigen Sup. unterstellt. 1652 wurde es wurde vorübergehend selbst Sitz einer Suptur. und unterstand später dem Geistlichen Ministerium des Amtes Peine (ohne festen Sitz des Seniors, 1827–1846 wieder in Dungelbeck).4 Ab 1853 war der Sitz der Suptur. dauerhaft in Peine (1924: KK Peine).

Patronat

Der Bf. von Hildesheim (bis 1802).5 Nachher der jeweilige Landesherr (bis 1871).

Kirchenbau
Kirche, Blick zum Altar, nach 1952, vor 1976

Kirche, Blick zum Altar, nach 1952, vor 1976

Das KGb war Anfang des 19. Jh. stark baufällig. Pfingsten 1819 stürzte die Empore ein. Das Kirchenschiff wurde 1883/85 nach Plänen des Bremer Baumeisters F. K. Isermeyer als gotisierende, steinsichtige Backsteinsaalkirche mit dreiseitigem Chorschluss und Sakristeianbau an der Südseite neu errichtet und am 13. Dezember 1885 eingeweiht. Bei einer grundlegenden Innenrenovierung (1976) wurde der Altarraum neu gestaltet.

Fenster

Auf den Fenstern des Altarraums befanden sich früher figürliche Darstellungen der vier Evangelisten, die bereits 1952 teilweise abgängig waren. Die geplante Wiederherstellung wurde nicht durchgeführt. 1958 wurde das Fenster unmittelbar hinter dem Altar zugesetzt. 1974 wurde es wieder geöffnet und alle elf Fenster mit hellem Kathedralglas verglast. 1998/99 Neugestaltung nach Entwürfen des Malers und Bildhauers Helge Michael Breig aus Hannover (Weihnachten, Ostern, Pfingsten; Taufe und Abendmahl); Ausführung durch Firma Wilhelm Derix (Taunusstein).

Turm

Romanischer Westturm/Wehrturm aus verputztem Sandbruchstein (um 1200). Ursprünglich nach allen Seiten rundbogige gekuppelte Schallluken mit romanischen Teilungssäulchen, im Osten jetzt verschlossen, im Westen wohl Ende des 17. Jh. verändert. Verschieferter Helm in eine achteckige Pyramide überführt. Ausleger für die Schlagglocke an der Westseite. Das flache Kreuzgewölbe in der Turmhalle wurde wohl erst nachträglich (vmtl. Ende des 13. Jh.) eingezogen. Westportal von 1885. Sanierung des Turms 1818 und 1952. Zwei Strebepfeiler, der 1818 zur Sicherung angebracht worden waren, wurden im Zuge der statischen Sicherung 1979–82 wieder beseitigt. Im Innern des Turms ist ein romanisches Tympanon mit zwei Fabeltieren aus der Vorgängerkirche angebracht.

Altaraufsatz, vor 1952

Altaraufsatz, vor 1952

Ausstattung

In der alten Kirche befand sich noch 1864 ein spätgotischer Flügelaltar (1885 nicht mehr vorhanden, Verbleib unbekannt). Im Neubau von 1885 wurde auf einem gemauerten Stipes ein neugotisches Retabel mit gerahmten Druck und zwei Apostelfiguren aus Gips in den Nischen der Seitenflügel aufgestellt. 1952 wurden die Figuren und Fialen beseitigt, die Nischen geschlossen und der Druck durch ein neues Altarbild (Salbung in Bethanien, nach Mk 14,3 ff.) des Kunstmalers H. Müller-Jung aus Waake/Göttingen ersetzt. 1976 wurde das Retabel vom Altar entfernt und an der Nordwand der Kirche aufgehängt. Neugestaltung des Altartischs aus Obernkirchener Sandstein durch den Bildhauer Siegfried Zimmermann (Hannover). Darüber eine Dornenkrone aus Messingrohr und Bronzeguss. – Schlichte, hölzerne Kanzel mit Schalldeckel in gotisierenden Formen (1885). – Schlichte, pokalförmige Sandsteintaufe mit quadratischem Fuß und achtseitigem Schaft und Kuppa (Ende 15. Jh. oder drittes Viertel 16. Jh.), 1968 restauriert und um eine moderne Messingschale mit Goldmosaik von Friedrich Marby (Hannover) ergänzt.6 – Tauf- und Osterleuchter (1992) sowie hölzernes Lesepult mit Bronzerelief (1994, beides von Bildhauer Siegfried Zimmermann, Hannover).

Kirche, Blick zur Orgel, nach 1960

Kirche, Blick zur Orgel, nach 1960

Orgel

1880 beschaffte die Gemeinde ein Harmonium der Firma C. Conrad Rissmann (Hannover) mit 16 Reg. Die erste Orgel wurde 1885 durch die Firma F. Becker & Sohn (Hannover) erbaut; 14 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen. 1957 wegen Wurmfraßschäden abgebaut. 1959/60 Neubau durch Firma Hermann Hillebrand (Altwarmbüchen) nach Disposition von P. Drömann (Holle), Prospekt von Dr. Wolff (Hannover), 24 II/P (HW, BW), mechanische Traktur, Schleifladen. 1995 renoviert.

Geläut

Drei LG, I: g’; II: b’ (beide Bronze, Gj. 2007, Glockengießerei Bachert, Karlsruhe); III: d’’ (Bronze, Gj. 1748, Johann Peter Grete, Braunschweig; frühere SG, gestiftet von Anna Catharina Brandis, geb. Matthias seit 1978/79 als LG verwendet) – Eine SG in f’’ in einem Ausleger außen am Turmhelm (Bronze, Gj. 2007, Glockengießerei Bachert, Karlsruhe). – Früherer Bestand: Eine LG (Maria; Bronze, Gj. 1500, Harmen Koster), um 1800 gesprungen, 1863 durch J. J. Radler (Hildesheim) umgegossen, danach Schlagton wohl h’; 1917 zu Rüstungszwecken abgegeben. 1927 Neuguss einer Bronzeglocke der Firma J. J. Radler (Hildesheim), die 1942 ebenfalls abgegeben wurde. Eine LG in a’ (Bronze, Gj. 1424), 1942 zu Rüstungszwecken abgegeben. 1950 wurden zwei neue Glocken in g’ und b’ (Eisenhartguss, J. F. Weule, Bockenem) beschafft, die 2005 abgängig waren.

Friedhof

Ursprünglich um die Kirche (1904 geschlossen. Vier Grabsteine sind erhalten, darunter die der P. Moritz Petri († 1883), und Georg Paul Heinrich Strauß († 1898). 1858 Neuanlage an der Alten Landstraße (1860 eröffnet, 1902/04, 1917 und 1965 erweitert; seit 1999 vollständig im Eigentum der KG). FKap (Bj. 1954, Altarwand mit Bildern des Kunstmalers Müller-Jung).

Liste der Pastoren (bis 1940)

1552, 1555 Eustachius Achem. – 15.. –15.. Gabriel Witte (Weiß). – 1593–1626 Johannes Koch. – 1626–1654 Konrad Wildhagen; 1628–1634 vertrieben. – 1655–1684(1682?) Heinrich Löder. – 1685–1716 Johann Ernst Schwalenberg. – 1717–1737 Johann Julius Keidel. – 1738–1740 Johann Julius Bauermeister. – 1740–1789 Johann August Wilke. – 1790–1800 Johann Heinrich Jonas Klocken. – 1801–1804 Johann Christian Sander. – 1805–1816 Johann August Gottfried Gerike. – 1817–1832 Johann Georg Friedrich Balcke. – 1833–1846 Johann David Hermann Brackmann. – 1848–1853 Friedrich August Wagener. – 1853–1857 Wilhelm Ludwig Westrum. – 1858–1881 Moritz Heinrich Ferdinand Petri. – 1884–1898 Georg Heinrich Paul Strauß. – 1899–1919 Theodor Hermann August Lubrecht. – 1920–1926 Rudolf Julius Jung. – 1927 Ludwig Gustav Adolf Philipp Mirow.

Angaben nach: Meyer, Pastoren I, S. 219

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

A 1 Nr. 2471–2475 (Pfarroffizialsachen); A 6 Nr. 1883–1894 (Pfarrbestallungsakten); A 9 Nr. 501Digitalisat, 502Digitalisat, 503Digitalisat, 504Digitalisat (Visitationen); D 97 (EphA Peine).

Kirchenbücher

Taufen: ab 1717
Trauungen: ab 1717
Begräbnisse: ab 1717
Kommunikanten: ab 1804
Konfirmationen: ab 1818

Literatur

A: Kirchen KK Peine, S. 12–15; Boetticher, Ortsverzeichnis Lkr. Peine, S. 70–72; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 413; Jürgens u. a., KD Kr. Peine, S. 26–30; Pape, Orgeln Kr. Peine, S. 7 f.

B: 900 Jahrfeier Dungelbeck, o. O. 1953.; 950 Jahre Dungelbeck. 1053–2003, [Dungelbeck 2003].


Fußnoten

  1. Noch nach Hennecke/Krumwiede, Kirchen- und Altarpatrozinien II, S. 39, kein mittelalterliches Patrozinium bekannt. Nach neueren Erkenntnissen wohl Johannes, danach seit 2010 auch die amtliche Bezeichnung.
  2. MGH DD H III 310 [Digitalisat]; UB HS Hildesheim I, Nr. 91.
  3. UB HS Hildesheim I, Nr. 422.
  4. Meyer-Roscher, Streiflichter, S. 123.
  5. Ahlhaus, Patronat, S. 74.
  6. Mathies, Taufbecken, S. 120.