KapG der KG Gehrden | Sprengel Hannover, KK Ronnenberg | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Urkundlich ist der Ort erstmals im Jahr 1216 als Lemmethe (oder Leminethe) genannt.1 Das Kloster Barsinghausen besaß seinerzeit Land in Lemmie (zwei Hufen); im 13. Jh. kam das Dorf weitgehend in den Besitz des Klosters Wennigsen.2 Lemmie lag im Go Gehrden, der im 12. Jh. Teil des Herrschaftsbereichs der Gf. von Roden war.3 Im 13. Jh. kam das Gebiet an die Gf. von Schauenburg (später Schaumburg), im 14. Jh. an die welfischen Hzg. zu Braunschweig-Lüneburg. Seit 1432 gehörte Lemmie zum welfischen Teilfsm. Calenberg (1495: Fsm. Calenberg-Göttingen, 1692: Kfsm. Braunschweig-Lüneburg bzw. Kurhannover) und dort zur Großvogtei bzw. zum Amt Calenberg. Die niedere Gerichtsbarkeit über das Dorf lag allerdings beim Kloster Wennigsen (geschlossenes Untergerichts des Klosters Wennigsen im Amt Calenberg).4 Von 1810 bis 1813/14 war Lemmie Teil des Kantons Pattensen im Distrikt Hannover des Allerdepartements im französischen Satellitenkgr. Westphalen. Danach zählte Lemmie, nun im Kgr. Hannover, zunächst wieder zum Amt Calenberg und ab 1817 zum neuen Amt Wennigsen. Mit der Annexion des Kgr. Hannover fiel Lemmie 1866 an das Kgr. Preußen. Seit Einführung der Kreisverfassung 1885 gehörte der Ort zum Lkr. Linden, ab 1932 zum Lkr. Hannover und ab 2001 zur Region Hannover. 1971 wurde das Dorf nach Gehrden eingemeindet. Seit 1904 besitzt Lemmie einen Bahnhof (Deisterbahn Weetzen–Haste, eröffnet 1872). Um 1813 lebten gut 195 Menschen in Lemmie, 1905 rund 345, 1946 etwa 555 und 2017 knapp 705.
Kirchlich gehörte Lemmie wohl bereits in vorref. Zeit zur Parochie Gehrden. Der älteste Beleg für die Existenz einer Kapelle sind die Kapellenrechnungen im Pfarrarchiv Gehrden, die 1593 einsetzen. Das heutige Kapellengebäude erbaute die Gemeinde etwa um 1600; im Jahr 1604 bezahlte die KapG Hansen Schürmann dafür, dass „er die Capellen gedecket und grundet“.5 Im Jahr 1681 ist die Kapelle Lemmie im Lagerbuch des Amtes Calenberg erwähnt: „ist filia in Gehrden und gehöret dazu“.6 Neben der Kapelle stand das Schulhaus, dessen Baujahr jedoch nicht überliefert ist. 1766 brannte die Schule ab und ein Jahr später errichtete die Gemeinde an gleicher Stelle eine neue.7
Im Jahr 1842 notierte der Lemmier Lehrer A. Rust (amt. 1838–1844): An „jedem der drei hohen Festtage (auch Neujahr) findet hier Frühgottesdienst statt, welcher des Morgens um 6 Uhr beginnt“.8 Nachweislich ab 1878 haben die jeweiligen Lehrer Lesegottesdienste in der Kapelle Lemmie gehalten.9 1854 und erneut in den Jahren zwischen 1925 und 1934 strebten das Pfarramt Gehrden und der KapV Lemmie einen Neubau der Kapelle an; zur Verwirklichung dieser Überlegungen kam es jedoch nicht.10
In der ersten Hälfte des 20. Jh. waren in den drei KapG der KG GehrdenEverloh, Lemmie und Redderse – „je eine Frühjahrs- und Herbstabendmahlsfeier“ üblich (1939).11 In den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs fand in der Lemmier Kapelle etwa alle zwei Monate ein Gottesdienst statt, allerdings „grundsätzlich nie an Festtagen“.12 Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1952 bei gut 415; die KapG Lemmie gehörte zum Amtsbezirk des zweiten Pastors von Gehrden. Im Bericht über die Visitation 1952 schrieb der Ronnenberger Sup., die Außenorte bzw. Kapellengemeinden hätten am kirchlichen Leben der Kerngemeinden – Männerkreis, Frauenhilfe, Jugendkreise, Posaunenchor, Kirchenchor – keinen Anteil. Vielmehr bestehe das kirchliche Leben hier „nur in den wenigen Gottesdiensten, dem Unterricht an den Kindern, den Kasualien und dem Besuchsdienst des Pfarramtes“.13 Ende der 1950er Jahre wurden in der Kapelle Lemmie „regelmäßig alle 4 Wochen, dazu an allen Festtagen Gottesdienste“ gefeiert.14

Kapellenbau

Kleiner Rechteckbau, errichtet um 1600.15 Satteldach, nach Westen abgewalmt. Feldsteinsockel, Fachwerk mit verputzten Gefachen, im Westen vorgesetzte Wand aus Bruchsteinmauerwerk, Ostgiebel mit vertikaler Holzverschalung. Drei querrechteckige Fenster nach Süden. Rechteckportal nach Westen. Im Innern flache Balkendecke. 1811 Reparatur. Vor 1840 Turmuhr angeschafft. 1878/79 Instandsetzung, u. a. Eingang an der Südseite geschlossen, Westeingang angelegt. 1936/37 neue Turmuhr. 18.10.1943 Ostwand der Kapelle beschädigt und Dach abgedeckt (Bombenangriff auf Hannover), 1961 Schaden repariert.16 1964–66 Renovierung. 1982–87 Renovierung, u. a. neue Uhr (alte Uhr im Heimatmuseum Gehrden).

Turm

Über dem Westgiebel vierseitiger, kupferverkleideter Dachreiter mit Pyramidendach, bekrönt mit Kugel und Wetterfahne. Nach Osten und Westen Uhrziffernblatt, nach Norden und Süden je zwei kleine, segmentbogige Schallöffnungen mit horizontalen Lamellen.

Ausstattung

Blockaltar aus Werksteinen. – Querrechteckiges, hölzernes Altarretabel mit fünf Schnitzfiguren, farbig gefasst (1468, Dietrich Miersheber), Maria mit Kind und vier Heilige, Inschrift: „Anno d[omi]ni M cccc lx viii co[m]pleta e[st] hec tabula in Spotholtesen i[n] p[rofest]o die michaelis p[er] me Didericu[s] Min[shaber]“ (Im Jahr 1468 ist diese Tafel in Spotholtesen am Vorabend des Michaelistags fertiggestellt worden von mir, Dietrich Miersheber); Retabel seit 1887 in Lemmie (Renovierung der Kirche in Holtensen)17; Retabel 1964–66 restauriert.

Orgel

Harmonium (Ernst Hinkel, 12 Register), 1934 gestiftet von Friedrich Wissel und Hermann Garben „als Dank für gesunde Heimkehr aus dem Kriege“, genutzt bis 1973.18 Orgelpositiv, erbaut 1973 von Hermann Eule Orgelbau (Bautzen), 3 I/–, mechanische Traktur, Schleifladen. 2003 Reinigung, Jörg Bente (Suthfeld-Helsinghausen).

Geläut

Eine LG, b’’ (Bronze, Gj. 1652, Ludolf Siegfried, Hannover), Inschrift: „Psalm 95 Kompt her zu lasset vns den Herrn frolocken vnd iauchtzen dem Hort vnsers Heils. Avf Begehren und Costen dero Dorfschaft Lemmi hat dies Gelevtte H. J. Everdes P T A Z W vorfertigen lassen. Dvrchs Fewer bin ich geflossen Ludolph Siegfriedt hadt mich in Hannover gegossen Anno Christi 1652“. – Früherer Bestand: Die ältesten Kapellenrechnungen erwähnen zu 1596 eine Glocke.19

Friedhof

Kommunaler Friedhof am östlichen Ortsrand (Eigentum der Stadt Gehrden), angelegt um 1850; mit Erbbegräbnis der Familie von Hattorf (erbaut 1892).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

E 5 Nr. 668 (Konsistorialbaumeister); S 09 rep Nr. 457 (Presseausschnittsammlung); S 11a Nr. 7119 (Findbuch PfA).

Literatur & Links

A: Gemeindebuch KK Ronnenberg, S. 25; Dehio, Bremen/Niedersachsen, S. 842; Hannig, Denkmaltopographie Lkr. Hannover, S. 205–206; Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 284–286; Piper, Glocken und Orgeln, S. 70; Wolff, KD Lkr. Hannover und Linden, S. 94–95.

B: Lemmie. Beiträge zur Ortsgeschichte. 1216 bis 2020. Fortsetzung, hrsg. vom Historischen Verein Lemmie e. V., [Lemmie] 2020; Lemmie. 1216 bis 2016. Beiträge zur Ortsgeschichte hrsg. vom Historischen Verein Lemmie e. V., Lemmie 2014, bes. S. 88–98; Hermann Fehlie & Rolf Delhougne: Einwohner und Familien des Ortes Lemmie, Kirchspiel Gehrden. Geburten, Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Sterbefälle von 1583 bis 1910, Lemmie 2011; Werner Fütterer: Gehrden. Vom Flecken zur Großgemeinde, Gehrden 1976, bes. S. 242–258.

Internet: Denkmalatlas Niedersachsen: Kapelle.


Fußnoten

  1. UB Barsinghausen, Nr. 14. Zur Lesung vgl. Ohainski/Udolph, Ortsnamen Hannover, S. 284 f. Dort auch weitere Belege.
  2. Fütterer, S. 242.
  3. Vgl. zum Folgenden Spieß, Calenberg, S. 10 ff. und S. 57 ff.
  4. Spieß, Calenberg, S. 70.
  5. Zit. in Lemmie (2014), S. 89.
  6. Zit. bei Fütterer, S. 242.
  7. Lemmie (2014), S. 15.
  8. Zit. in Lemmie (2014), S. 130.
  9. Lemmie (2014), S. 95.
  10. Lemmie (2014), S. 91.
  11. LkAH, L 5a, Nr. 115 (Visitation 1939).
  12. LkAH, L 5a, Nr. 115 (Visitation 1952). Gemeindebuch KK Ronnenberg, S. 25.
  13. LkAH, L 5a, Nr. 115 (Visitation 1952).
  14. LkAH, L 5d, unverz., Gehrden, Visitation 1959.
  15. Siehe Denkmalatlas Niedersachsen.
  16. Lemmie (2014), S. 91; Foto: Lemmie (2014), S. 283.
  17. Lemmie (2014), S. 6.
  18. Fütterer, S. 250. Nach Fütterer wurde das Harmonium 1919 gestiftet, nach Lemmie (2014), S. 93, erst 1934.
  19. Lemmie (2014), S. 95.