Sprengel Hannover, KK Laatzen-Springe | Patrozinium: Thomas | KO: Calenberger KO von 1569

Orts- und Kirchengeschichte

Laatzen-Mitte ist der jüngste Stadtteil Laatzens. Er wurde seit Ende der 1960er Jahre als planmäßig Großwohnsiedlung mit Hochhausscheiben und Punkthochhäusern erbaut.1 Im Jahr 2017 lebten etwa 17.480 Menschen in Laatzen-Mitte.
Kirchlich gehörte das Gebiet anfangs zur St.-Marien-KG Grasdorf. Zum 1. Juli 1971 gründete das Landeskirchenamt Hannover die eigenständige „Ev.-luth. Thomas-KG Laatzen“ und errichtete gleichzeitig zwei Pfarrstellen.2 P. Heinz Hartung (amt. 1971–1980) und P. Redelf von Busch (amt. 1971–1989) arbeiteten in einem Team zusammen, dem auch Diakonin Marga Giese und Sozialarbeiter Thielo Liebscher angehörten. Pfarrbezirke bestanden nicht, es existierte eine „funktionale Arbeitsaufteilung“.3 Die Zahl der Gemeindeglieder lag 1972 bei etwa 7.000 und 1974 richtete das Landeskirchenamt eine dritte Pfarrstelle ein.4 Das Pfarramt erhielt 1977 offiziell die Form eines Gesamtpfarramts, das Pastoren und Diakone umfasste: „Alle Mitarbeiter haben von vornherein darauf geachtet, daß jeder gleichberechtigtes Mitglied im Pfarramt ist und sich auch gegen traditionelle Tendenzen in der Gemeinde, die den Pastoren Priorität einräumt, zur Wehr gesetzt.“5 Das Gesamtpfarramt bestand bis 1988 (Ende der Erprobungsphase).6
Zum Gottesdienst versammelte sich die Thomasgemeinde nach ihrer Gründung zunächst in der Grundschule „Im Langen Felde“. Im Oktober 1972 konnte sie das Kirchliche Kontaktzentrum Kiefernweg als neuen Mittelpunkt der Gemeindearbeit einweihen. Im Mai 1974 eröffnete die Thomas-KG einen ev. Kindergarten (seit 1997 integrativ). Die Jugendarbeit in der Gemeinde übernahm weitgehend der CVJM.7 1976 wurde an der Marktstraße der Grundstein für das Kirchenzentrum „Die Arche“ gelegt; zunächst entstanden Jugend- und Konfirmandenräume, 1977/78 schließlich folgten Kirchsaal und Turm. Weihnachten 1978 weihte die Thomasgemeinde ihre neue Kirche ein. Im Jahr zuvor hatte der Hildesheimer Bf. Heinrich Maria Janssen (amt. 1957–1982) die kath. Kirche St. Oliver geweiht (Pfarrsitz bis 1982 noch in Alt-Laatzen, St. Mathilde). Im Rahmen der Partnerschaft zwischen der hannoverschen und der sächsischen Landeskirche knüpfte die ev.-luth. Thomas-KG Ende der 1970er Jahre Kontakte zur Paulusgemeinde in Leipzig-Grünau.8
Nach der ersten Visitation der Gemeinde 1979 hob der Sup. des KK Laatzen-Pattensen „die vielfältigen Aktivitäten in der Gemeindearbeit, besonders auf bei der Jugend, positiv hervor“. Das Raumkonzept des Kirchenzentrums sei „ausgesprochen angemessen“ für die gemeindliche Arbeit.9 1986 heißt es, auch „die Gestaltung der Gottesdienste ist von großer Vielfalt gekennzeichnet“.10 Neben den kirchengemeindlichen Angeboten bestanden im Gemeindegebiet auch Angebote des Kirchenkreises, u. a. Ehe- und Lebensberatungsstelle und Suchtberatungsstelle.
Im Jahr 1992 zählte die Gemeinde etwa 8.430 Gemeindeglieder. Etwa 50 Gruppen und Kreise waren seinerzeit in der Thomasgemeinde aktiv.11 Dazu gehörte u. a. die übergemeindliche „Ökumenische Gemeinschaft Homosexuelle und Kirche“ (HuK), die seit der ersten Hälfte der 1980er Jahre zu Andachten und Gesprächsabenden in die Arche einlud.12 Mitte der 1990er Jahre entschieden KV und Pfarramt, Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anzubieten; die Landeskirche lehnte derartige Partnerschaftssegnungen seinerzeit noch ab. Seit 1991 feierte auch die „Ev.-luth. Brüdergemeinde in der Thomasgemeinde“, die sich aus Spätaussiedlern aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zusammensetzte, ihre Gottesdienste in der Arche.13
Beim Pfarrhausneubau 1994 setzte die Thomasgemeinde auf Umweltverträglichkeit und konzipierte das Gebäude als Niedrigenergiehaus.14 Dem gleichen bautechnischen Konzept folgte die 1996/97 errichtete „Villa Kunterbunt“, ein Gebäude mit zehn Sozialwohnungen für alleinerziehende Mütter. Die Landeskirche zeichnete das Wohnprojekt 1999 mit einem Förderpreis als zukunftsweisende Idee für kirchliche Arbeit aus.
Nachdem die Gemeinde 1998, zwei Jahrzehnte nach Fertigstellung der Arche, ein Geläut für den Glockenturm erworben hatte, gründete sich 2004 auch ein Förderkreis Orgelbau, um die bisherige elektronische Orgel durch eine Pfeifenorgel zu ersetzen.15 Das neue Instrument konnte schließlich 2016 eingeweiht werden.
Im Mai 2007 startete die Gemeinde im Kirchlichen Kontaktzentrum das Projekt „Umsonstladen für Babyerstausstattung“. Als das Kontaktzentrum 2012 an die makedonisch-orthodoxe Gemeinde Sveti Spas verkauft wurde, zog der Laden in die Arche um. Die Trägerschaft des ev. Kindergartens, der 2012 einen Neubau erhalten hatte, ging 2015 über auf den neu gegründeten „Ev.-luth. Kindertagesstättenverband Calenberger Land“.16
Zum 1. Januar 2009 gründete die Thomasgemeinde zusammen mit den KG Grasdorf, Rethen (Leine) sowie der Laatzener Immanuel-KG das verbundene Pfarramt Region Laatzen; zum 1. Dezember 2009 kam auch die KG Gleidingen hinzu (insgesamt sechs Pfarrstellen).17 Gemeinsam gründeten die fünf Gemeinden zum 1. Januar 2024 die „Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Laatzen“.18

Pfarrstellen

I: 1971.19 – II: 1971.20 – III: 1974.21

Umfang

Der Laatzener Stadtteil Laatzen-Mitte.

Aufsichtsbezirk

Mit Gründung der KG 1971 zum KK Pattensen. 1972 KK Laatzen-Pattensen, seit 2001 KK Laatzen-Springe.

Kirchenbau

Polygonaler Bau aus drei viereckigen, fächerartig versetzten und unterschiedlich hohen Baukörpern, ausgerichtet nach Südwesten erbaut 1976–78 (Architekt: Dieter Oesterlen, Hannover). Nach Norden schließen sich Gemeinderäume an. Flachdächer. Außenwände verklinkert. An der Westseite drei vertikale Fensterbänder, nach Süden großes Kreisfenster (Altarwand), am zweiten Baukörper vier tiefliegende, querrechteckige Fenster; nach Osten jeweils Lichtbänder um die versetzten, kleineren Baukörper. Im Innern flache Decke, verklinkerte Wände, Nordempore; östlichster Raumteil abtrennbar. Um 2002/03 Sanierung, u. a. Kreisfenster nach Süden und Vertikale Fensterbänder nach Westen eingebaut.

Fenster

Rundes Buntglasfenster in der Altarwand. Buntglasfenster in der Westwand. Buntglasfenster in der Südwand.

Turm

Nordwestlich der Kirche bugartig ansteigender Turm mit Halbrund nach Südwesten, bekrönt mit Kreuz. Außenwände verklinkert. Hohe Schlitzfenster am Turm. Im Innern Kapellenraum.
2015 Turm saniert, Kreuz angebracht.

Ausstattung

Altartisch, Metallgestell und Holzmensa. – Lesepultartige Kanzel, Holz und Metall. – Schlichter Taufständer. – Vor dem Kreisfenster Bronzeplastik mit Darstellung der Arche (1982, Gernot Rumpf).

Orgel

1979 elektronische Orgel erworben, 16 II/P, Firma Heylingers Orgelbau (Ermelo). 2015/16 Orgelneubau, ausgeführt von Jörg Bente (Suthfeld-Helsinghausen), 18 II/P, mechanische Traktur, Schleifladen.

Geläut

Drei LG (alle Bronze, Gj. 1998, Glockengießerei Alfred Bachert, Heilbronn), I: hʼ, Inschrift: „Die Schöpfung bewahren. Thomasgemeinde Laatzen 1998“, Bild: Arche; II: dʼʼ, Inschrift: „Vertraut den neuen Wegen. Thomasgemeinde Laatzen 1998“, Bild: Wegkreuz; III: eʼʼ, Inschrift: „Gib uns deinen Frieden. Thomasgemeinde Laatzen 1998“, Bild: Regenbogen.

Weitere kirchliche Gebäude

Kirchliches Kontaktzentrum Kiefernweg (Bj. 1972, Architekt: Wolfgang Kloß; 2012 verkauft an die makedonisch-orthodoxe KG Sveti Spas). – Pfarrhaus Debberode (Bj. 1972). – Pfarrhaus Pestalozzistraße (Bj. 1979). – Kindergarten (Bj. 1974, Neubau 2012). – Pfarrhaus (Bj. 1994, Niedrigenergiehaus).

Friedhof

In der Mitte des Gemeindegebiets kommunaler Friedhof „Ahornstraße“, FKap; am Südrand des Gemeindegebiets kommunaler Friedhof „Im Heidfeld“, FKap (beide in Trägerschaft der Stadt Laatzen).

Landeskirchliches Archiv Hannover (LkAH)

S 09 rep Nr. 1581 (Presseausschnittsammlung).

Literatur

A: 450 Jahre Reformation, S. 98–100.

B: Festschrift zur Einweihung der Bente-Orgel in der Arche der Ev.-Luth. Thomas-Kirchengemeinde Laatzen am 22. Mai 2016, hrsg. von der Ev.-Luth. Thomas-Kirchengemeinde Laatzen, Laatzen 2016 [.pdf online]; Heinz Behnken, Gudrun Held & Martin Ostertag: Das Gruppenpfarramt – ein Signal des Aufbruchs?, in: Kirche in bewegten Zeiten. Proteste, Reformen und Konflikte in der hannoverschen Landeskirche nach 1968, hrsg. von Heinrich Grosse, Hans Otte & Joachim Perels, Hannover 2011, S. 401–419; Klaus-Jürgen Hentschel: Förderkreis Orgelbau in der ev.-luth. Thomas-Kirchengemeinde Laatzen, Laatzen 2007; Georg Conradi: Dokumentation. Neubau des Pfarrhauses als ökologisches Niedrigenergiehaus, gefördert im Rahmen des Demonstrationsprogramms Niedrigenergiehäuser der Stadtwerke Hannover AG, Laatzen [1995]; Erich Panitz: Laatzen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Laatzen 1966.

GND

6020372-9, Evangelisch-Lutherische Thomaskirchengemeinde (Laatzen).


Fußnoten

  1. Nagel, Großwohnsiedlungen, S. 76 f. Zur Planungsgeschichte siehe auch Panitz, S. 14 ff.
  2. KABl. 1971, S. 226 f.
  3. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1979; ebd.: „Die Form des Gesamtpfarramtes ist sicher angemessen bei der Größe der Gemeinde und der Konzeption der Gemeindearbeit, die in Laatzen-Mitte entwickelt wurde.“ 450 Jahre Reformation, S. 100: „Die Erfahrung mit dem Gesamt- und dem jetzigen Teampfarramt zeigen, daß Kreativität, Motivation für Engagement und selbständiges Arbeiten von vielen ehrenamtlichen Frauen und Männern gefördert werden.“
  4. KABl. 1974, S. 36.
  5. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1979. Insgesamt zur Thematik des Gruppen-, Team-, Gesamt- oder Erweiterten Pfarramts vgl. Behnken, Held & Ostertag, S. 401 ff., zur Thomasgemeinde ebd., S. 404 f.
  6. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1986; 450 Jahre Reformation, S. 100. Auch in der St.-Petri-KG Göttingen-Grone existierte ein Gesamtpfarramt.
  7. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1979.
  8. 450 Jahre Reformation, S. 97. Allgemein: Cordes, Gemeindepartnerschaften, S. 38 ff.
  9. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1979.
  10. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1986.
  11. LkAH, L 5d, unverz., Laatzen, Thomas, Visitation 1992; 450 Jahre Reformation, S. 98 (dort sind 9.300 Kirchenmitglieder angegeben).
  12. 450 Jahre Reformation, S. 99 f.
  13. 450 Jahre Reformation, S. 98.
  14. Conradi, S. 5 ff.
  15. Hentschel, S. 4 ff.
  16. KABl. 2015, S. 89 ff.
  17. KABl. 2009, S. 12 und S. 274.
  18. KABl. [in Vorbereitung].
  19. KABl. 1971, S. 226 f.
  20. KABl. 1971, S. 226 f.
  21. KABl. 1974, S. 36.